Im Erwachen fühlte sich Selander derart matt und ausgelaugt, als wäre die ganze Nacht eine Straßenwalze über seinen Körper gefahren und hätte ihn zu einem Stück Schmerz gepresst. Vorsichtig regte er seine Finger, seine Zehen, streckte nach und nach alle Glieder durch, blickte auf die Uhr, schloss die Augen und fiel noch einmal in einen unruhigen Schlaf. Als der Wecker zum wiederholten Mal läutete, drehte er sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Verbissen versuchte er, sich an den Traum zu erinnern, konnte ihn aber nur noch bruchstückhaft rekonstruieren: Er war als Verbrecher durch die Stadt gehetzt worden und fand sich plötzlich in einer Wüste mit weißgrauem Sand wieder. Dann stand ein Mann vor ihm, dessen Gesicht gänzlich weiß war und der seinen Blick nicht von ihm ließ, er schrie den Mann an und wollte ihn wegstoßen, als er merkte, dass sein Gegenüber nichts als Luft war, eine Fata Morgana, durch die er hindurch lief ins Grau der Wüste. Stundenlang irrte er in der sengenden Hitze herum, bis sich der Himmel verdüsterte und ein Schneesturm aufkam, der ihm zuerst die Sicht, dann den Atem nahm und ihn in jenem Moment, als er entfernt eine Frauengestalt zu sehen glaubte, gänzlich mit Schnee bedeckte.
(S.10f)
© 2013 Edition Laurin, Innsbruck.