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Ich hasse das Theater. Es ist eine Welt aus Pappe, Leim und Lack, aus falschen Tönen und trüben Gefühlen. Theater ist die zur Religion erhobene Falschheit. Je wahrhaftiger sich das Theater gibt, um so verlogener ist es. Noch mehr als das Theeater hasse ich die Theatermenschen. Nichts an ihnen ist echt. Ihre Gesten haben sie aus diversen Inszenierungen zusammengeklaubt. Ihre Witze tragen Uniform. Wenn sie den Mund aufmachen, quillt das Nichts daraus hervor. Für einen Lacher verkaufen sie ihre Freunde, für einen Applaus wechseln sie die Gesinnung, für die Illusion des Geliebtwerdens opfern sie die Liebe. Sie sind die neuen Götter. Vorbei die Zeiten, als vernünftige Herrscher diese Gaukler aus den Städten verbannten und ihnen die ewige Ruhe in geweihter Erde verwehrten. Von Los Angeles bis Wien regieren die Schauspieler die Welt, und so sieht die Welt auch aus. Die Schauspieler haben das Spiel verraten. Ich schreibe diese Geschichte auf, weil ich sie aufschreiben muß. Auch wenn Du diese Zeilen erst in einigen Jahren lesen wirst: Es ist Zeit, all die Ereignisse festzuhalten. Ich möchte, daß Du von der Angst, die in der Unwissenheit gründet, und von dem Schrecken, der aus der plötzlichen Entdeckung der Wahrheit entsteht, verschont bleibst. Du sollst alles wissen, was ich weiß. Ich möchte mir nicht den Vorwurf machen müssen, Dir die Wahrheit verschwiegen zu haben, so wie mir die Wahrheit verschwiegen wurde. (S. 7)
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