(S. 193)
- Du bist wie Chips, ich kann nicht aufhören mit dir, hatte er ihr oft gesagt, und dabei wusste er genau, dass man sich als Mann nur solange zum Narren macht, als man eine Frau nicht hat. Besitzt man sie, wird sie einem schnell egal. Dunja hatte er wohl nie besessen. Jetzt, im Flugzeug, stiegen Erinnerungen an ihre Wohnung in ihm hoch, an die Bilder junger Künstler, die Schautafel vom Nervensystem eines Schweins. Erinnerungen an Dunja, die ihn stets an seine Grenzen, an die Ränder seiner Möglichkeiten gebracht hatte. Seine große Liebe, sein Denkgefängnis, seine Liebesfolter, mit der er sich verstümmelt hatte. Denn was war die Liebe anderes als ein vermeintlicher Gewinn, von dem man erst verführt und dann betrogen wird, eine gewonnene Reise, die man nur mit einem Zweiten, einem Vollzahler, antreten kann, ein angeblicher Geldbetrag vom Sohn in Übersee, ein vorgeblich gefundenes Schmuckstück? Die Liebe ist ein Taschenspielertrick. Schwindel! Die Liebe ist ein Termitenstaat, höhlt einen aus. Und die Liebe ist dumm. Einfältig wie eine Schildkröte in Gefangenschaft, die einen Stein begattet, den Mund weit aufreißt, quietschende Geräusche von sich gibt, alles für die Arterhaltung gibt - und dabei doch naturgemäß nicht glücklich wird. Die Liebe ist eine Sau.
© 2007 Zsolnay Verlag, Wien.