Mein armer Mann war durch diese schweren Monate der Krankheit an Leib und Seele gebrochen. Und wie ein Unglück selten allein kommt, war auch unser Geschäft in der Zwischenzeit zugrunde gegangen. Als ich außer Lebensgefahr war, fuhr mein Mann nach Rumänien, kehrte aber ohne Erfolg zurück. In unserer Wohnung im vierten Stock konnten wir nicht bleiben, da ich nicht mehr Stiegen steigen konnte. Wir fanden im zweiten Bezirk eine entzückende Wohnung, die mein Mann vollständig neu herrichten ließ. Als ich von Baden heimkehrte, zogen wir glücklich dort ein. Ich erwartete wieder ein Kind, ein Beweis dafür, daß ich wieder ganz hergestellt war, denn die Ärzte hatten bezweifelt, daß ich je wieder ein Kind werde bekommen können. Dort kam unser einziger Junge zur Welt. Er war in schweren Zeiten geboren.
Ein Freund meines Mannes, der amerikanischer Konsul war, redete ihm sehr zu, er solle doch nach Amerika gehen, wo er mit seiner Jugend und Tatkraft wunderbar hinpasse. Und er, jung, rasch von Entschluß, ging allein in die Neue Welt, um dort das Glück zu suchen, das er in der Alten Welt verloren hatte.
(S. 54f.)
© 2004, Aufbau, Berlin.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.