(S. 179f.)
Als Jasmine nach Hause kam, schlief Richie schon. Werner saß in der Küche und las etwas. Aus dem Plattenspieler im Wohnschlafzimmer dröhnte laut Musik. Mick Jagger verlangte wieder einmal Satisfaction. Jasmine lief hin und schaltete den Plattenspieler aus. Dann ging sie ins Kinderzimmer, deckte den Kleinen, der fest schlief, zu und küsste ihn auf die Wange. Sein Gesicht war seidig und rosa. Das frisch gebadete Kind duftete so herrlich, dass Jasmine es am liebsten aus dem Bettchen genommen und an sich gedrückt hätte. Sie ließ es aber und ging ganz leise hinaus.
"Die Musik war zu laut", sagte sie in der Küche auf Deutsch zu Werner. "Du hast Richie fast geweckt."
Werner sah sie verwundert an und sagte auch auf Deutsch: "Nach dem Baden ist sein Schlaf sehr tief."
"Ich weiß", sagte Jasmine.
"Du sprichst Deutsch?"
"Ja."
"Seit wann?"
"Seit heute."
"Das glaube ich nicht."
"Gehen wir auf ein Eis? Zum Tichy."
"Warum nicht?", sagte Werner und nahm seine Jacke von der Garderobe. Sie bestellten ihre Lieblingssorten, Werner Erdbeer-Zitrone-Melone, Jasmine Vanille-Schokolade-Malaga, und eilten nach Hause zu ihrem schlafenden Sohn. "Hm, das schmeckt gut", sagte Jasmine.
"Ich glaube, du konntest schon immer Deutsch sprechen", sagte Werner ein bisschen skeptisch. Jasmine sah ihn mit Verwunderung an. "Du hast dich nur verstellt, weil du ein Spion bist. Ein Ostspion."
"Du hast recht", sagte Jasmine. "Ewig schade, dass du mich entlarvt hast." Sie lachte aus vollem Hals.
© 2006, Residenz Verlag, St. Pölten - Salzburg.
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