Also sind wir, Arreola und Konsorten, denke ich hier in Europa, ein Labyrinth. Allesamt sind wir, mit unserer ganzen Existenz, an der wir hängen, Scheherazaden, Erzähler von tausendundeiner Geschichte, und wollen hundert Jahre alt werden wie weiland Ernst Jünger, der zwei Weltkriege und tausend Drogenräusche mit offenen Augen durchquerte. Oder dreiundzwanzig wie Otto Weininger, der sein allumfassendes Werk fertigstellte, um in der Fülle seiner Manneskraft aus dem Leben zu scheiden und nicht zuletzt dadurch einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.
Draußen schien die mächtige Jalisco-Sonne. Arreola nahm die halbgeleerte Flasche Rioja an sich. "Für die Reise", lachte er verschmitzt. Vor der Haustür wartete ein schwarzgelbes Taxi. Es war drei Uhr nachmittags, Sonntag. Ein junger Mexikaner namens Juan José Arreola verließ das Hotel du Parc und trat in den eisigen Pariser Winter, der ihm beinahe das Leben kosten sollte. In seiner Westentasche steckte in Zettel mit dem Satz: Je vous recommande vivement ce garcon remarquable. Wohin geht die Reise? Zu den Namen geht die Reise, zu den Personen und zu ihren Werken. Der Taxilenker weiß schon Bescheid. Zu den Markthallen, wie jeden Feiertag. Zur Feria Libertad, denn der Wein ist am Versiegen. Claudia öffnete die Wagentür. Arreola, das Kind, ließ sich auf den Rücksitz fallen, legte die Aktentasche auf seinen Schoß, führte die Korbflasche an seine Lippen. Winkte, blickte geradeaus. So entschwand er.
© 1998, Edition Selene, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
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