Als seine Mutter überraschend die Knie auseinandergleiten ließ und sich die Schlauchdüse zwischen die Beine hielt, war meine Kehle auf einen Schlag wie ausgetrocknet. Was soll ich Ihnen sagen? Der Rand meiner Turnhose brannte mir eine glühende Spur in den Handrücken. Berts Mutter ließ den Schlauch zu Boden fallen und brachte die Seife mit beiden Händen zum Schäumen.
Bert rief: "Scheiße, Manni! Wenn du's unbedingt wissen willst! Ich glaube, ich werde im Gefängnis landen...!"
Als sie sich vornüberbeugte, um das im nassen Gras pulsierende Schlauchende einzufangen, klaffte der Spalt in ihrem Schritt wie ein Bratapfel.
Bert rief: "...wenn die mich nicht vorher umbringen..."
Ich wischte meine Finger an der Unterseite des Sitzkissens sauber und brachte meine Sachen in Ordnung. An der Tür stieß ich auf Bert, der sich halb in einen der Vorhänge eingewickelt hatte, als wäre der gesamt Balkon verwanzt und von versteckten Kameras überwacht.
"Begreifst du, was ich damit sagen will?" flüsterte er.
"Wie?" fragte ich.
Mir schräg gegenüber, auf einem auf gleicher Höhe gelegenen Balkon an dieser Seite des Hauses, stand Josef Baumgartner, der Josef Baumgartner, Kandidat der Neuseer Österreichischen Volkspartei, Anwärter auf den Bürgermeistersessel der Stadtgemeinde Neusee. Die Arme seines Trachtenanzugs über der Brust verschränkt, linste er schräg gegen die Sonne. Auf seiner Glatze, die mich immer an einen zu klein geratenen Motorradhelm erinnert, schuppte sich die Haut. Für einen Augenblick starrten wir einander an.
"Hör zu!" sagte Bert und hob seufzend die Hand. "Kannst du..., kannst du ein Geheimnis für dich behalten?"
Ich stieß ihn samt seiner verdutzten Visage beiseite und rannte los. Stürzte aus dem Haus, floh aus dem Garten. Hetzte, in den Pedalen stehend, die Rechte Lehnergasse hinauf, als wäre der Teufel oder Baumgartner oder bloß meine eigene Geilheit hinter mir her. Verstehen Sie jetzt, was ich meine? (S. 94f.)
© 1999, Haymon, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.