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Leseprobe: Christoph Zanon - "Osttirol."

Weggehen Viele gehen weg aus der Provinz, viele der Guten, fast alle der Besten. In der Großstadt finden sie die entsprechende Herausforderung und alle Einrichtungen, in denen sich die Spitzen von Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft treffen. Die schärferen, umfassender gebildeten Geister finden sich hier, das kritische Publikum. Der Name einer Großstadt ist ein Gewicht in der Biographie des Einzelnen, sein Werk findet größere Verbreitung, die Medien machen eine Person gewichtig. Materialien für jede Art von Beschäftigung sind angeboten und leicht zugänglich. Leute von Interesse und Einfluß leben in nächster Nähe, und selbst wer in zurückgezogener Arbeit leben will, kann sich ziemlich bequem an jene wenden, die ihm Arbeit und Material vermitteln.
                      Die Großstadt wirkt magnetisch wegen ihrer Massenhaftigkeit. In unserem engen Land sind die Wenigen, die aus dem Desinteresse des Alltags hinausstreben, ganz vereinzelt. Viel Anerkennung haben sie natürlicherweise nicht zu erwarten, erst recht, wenn der Neid umso kleinlicher um die kleinen Gewinne kämpft. Es gibt kaum öffentliche Podien, und wenn ein Mensch öffentlich wird, dann mehr durch das Gerücht als durch intellektuelle Auseinandersetzung.
                      Das Leben in unserem Provinzland spielt sich also - scheint es - in karger Gewohnheit ab. Gleiche Gesichter mit ihren immer gleichen Meldungen stumpfen nach und nach den Wachsamen ab. Er muß weggehen ins Exotische. In der Großstadt kann er der Fremde sein und sozusagen an jeder Straßenecke Kontakt zu Fremden finden, einen mehr oder weniger losen Kontakt: Wie kurz und unerhört kann hier die Begegnung zweier Menschen sein! Ja, hier läßt sich aus geringer Distanz - und doch immer aus der Distanz - das Lebenstheater in all seinen Exzessen ergehen!
                      Die Großstadt hat den Schein von Freiheit und einen wirklichen Reiz, und beides zieht noch mehr an als die Karrierechancen, entfernt von den kleinen Verhältnissen. Natürlich finden sich die kleinen Verhältnisse überall, aber von den großen Möglichkeiten scheint der Provinzbewohner ausgeschlossen.
                      Alles spricht für die Großstadt, sobald nur ein größerer Ehrgeiz da ist. Und doch bleiben manche solcher Ehrgeizigen in jenem Land, das sie Heimat nennen. Und doch sind sie auch Abenteurer und brechen wieder auf zu neuen Forschungsreisen. Ihre Wege kann man nicht mehr auf der Landkarte nachzeichnen, denn sie sind unterwegs in die fremden Länder des Geistes. Sowie sie sich ihrem eigenen Land zugewendet haben, als einem geistigen Gebilde, sehen sie: Es ist ein weites Land. Sie sagen: Wir wissen nur ganz wenig über unser eigenes Land, wie sollen wir etwas wissen über die ganze Welt? Sie sind Abenteurer und möchten 100 Jahre alt werden. Sie möchten die Architektur und die Dramatik des eigenen Lebens im Bild des Landes erforschen. (S. 22f.)

© 2000, Edition Löwenzahn, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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