Kinder haben es immer verstanden, so zu tun, als ob sie die Erde nicht spürten, und sie spüren sie auch jetzt nicht, vertrauen sich ihr ganz an. Kleine Unkrautgevierte, in denen es atmet und blüht, eine Ameise kriecht ein Stielchen entlang hoch zum winzigen, verwitterten Bären. Auf einem Grabstein in Form eines Herzens sonnt sich eine Eidechse, noch ein wenig steif, als ob sie soeben aus dem Mund eines erkalteten Kindes gesprungen wäre. (S. 31)
Die Liebe zu Schriftstellern, unseren Gefährten gegen die Einsamkeit. Der einzige Besitz, den sie uns bringt, ist ein Buch.
Die Liebe zu einem Buch kann eine Liebe bis zum Grabe sein. Manchen Autoren ist es bestimmt, uns nur für eine Weile zu begleiten, sie teilen die Sorgen unserer jungen Jahre, unserer Reife oder unserer letzten Tage.
Die Liebe zu einer Bibliothek. Sterbende Bibliotheken, nach dem Tod ihres Besitzers aufglöst. Bücherverbrennung. Bücher nach der Wende: Bücher in der Vorhölle, auf dem Müll.
Besser als manche Freunde teilen Bücher unsere Freuden und begleiten unsere schmerzlichen Verluste, unser Schicksal, unsere Verwicklungen. Büchern verdanken wir unsere Idee von Liebe in ihrer schönsten Gestalt. In Büchern lesen wir zum ersten Mal vom Tod, vom Sterben, von Schmerzen und vom Abschiednehmen. Bücher lehren uns eine Auseinandersetzung mit Gott, mit Engeln, Teufeln, dem Tod. (S. 131)
(c) 1997, Deutscher Taschenbuch Verlag, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.