Titos Beerdigung war ein repräsentatives Spektakel. Angeblich war seine Beisetzung besser besucht als jene von Kennedy oder Churchill. Es waren vier Könige, einunddreißig Staatspräsidenten, sechs Prinzen, zweiundzwanzig Premierminister und siebenundvierzig Außenminister anwesend. 128 Nationen, beide Seiten des Kalten Krieges und die Blockfreien Staaten. Ein letzter Beweis von Titos Größe.
Tito wurde im „Haus der Blumen“ beerdigt, was zu schön klang, um mit dem Tod in Verbindung gebracht zu werden. Für uns war er lebendig. Er blickte im Klassenzimmer auf uns herab. Wir waren Titos Pioniere und Tito war Jugoslawien. Wir kannten nichts anderes. Kroatien war dabei nur ein Teil dieses Landes, die Republik, in der wir zufällig lebten und aufwuchsen. Kroatien hatte für mich in völlig anderen Zusammenhängen Bedeutung. Ich verband es mit den Croatia Batterien oder der Croatia Osiguranje, Croatia Versicherung, für die ein großes blauses Neonschild auf dem Dach eines Hauses am Trag Republike, Platz der Republik, warb. Oder auch die kleinen gewölbten Schilder aus Metall, die ein glückliches Bauernpaar zeigten, gerahmt vom weißen Schriftzug Croatia Osiguranje. Das Schild hing in vielen Ausführungen über zahlreichen alten Häusertüren.
(S. 30)
© 2012 Czernin Verlag, Wien.