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Leseprobe: Elfriede Hammerl - Kleingeldaffäre

Ich werfe mich auf den elektronischen Partnermarkt, und zwar in zweifacher Ausfertigung. Einmal kommt die Beschreibung, die ich von mir liefere, meiner tatsächlichen Person sehr nahe, zumindest bemühe ich mich, alle Fragen halbwegs ehrlich zu beantworten. Das zweite Profil nenne ich bei mir das Experiment Edeltraud (tatsächlich scheint Edeltraud nicht als Name, sondern nur als Chiffre an der Partnerbörse auf). Edeltraud ist 53 und sagt von sich, dass sie früher oft mit Marylin Monroe verglichen worden sei. Sie ist Witwe, eine unkomplizierte Frohnatur, der vor allem daran gelegen ist, ihren präsumptiven Liebsten glücklich zu machen. Edeltraud verbringt ihre Freizeit mit Gartenarbeit, Kuchenbacken, Fernsehen oder Tagträumen, wichtig sind ihr ihre Rezeptsammlung und ihre sexy Unterwäsche, sie könnte sich nie von ihren Kochbüchern und ihren Porzellanelefanten trennen, und die Orte, an denen sie sich am wohlsten fühlt, sind mein Garten, meine Küche, mein Bett. Sie legt Wert auf Treue und Ehrlichkeit, verabscheut Knausrigkeit und verwöhnt ebenso gern, wie sie verwöhnt werden möchte.
Edeltraud ist meine Erfindung, ich habe sie zusammengebastelt unter Verwendung aller Klischees und Vorurteile, die mir in den Sinn kamen, als ich versuchte, mir platte Männer-Wunschträume vorzustellen. Schon während ihrer virtuellen Geburt wurde mir ganz schlecht wegen ihrer Hirnlosigkeit und ihres Biedersinns. Und, was soll ich sagen, Edeltraud ist ein Hit.
Mein halbwegs echter Steckbrief bleibt unbeachtet, Edeltraud hingegen kriegt sofort einen Haufen Kontaktanfragen. Ein Lehrer, ein Kellner, ein Beamter, ein Kaufmann, ein Buchdrucker, ein Briefträger, ein pensionierter Manager, ein Schlosser, ein Diplompsychologe … ihr Fanklub ist bunt gemischt und kennt keine sozialen Schranken. Warum, zum Teufel, interessiert sich ein promovierter Literaturwissenschaftler für eine Frau, die ihre Tage mit Blumenpflege und Kuchenbacken verplempert und als ihren liebsten Besitz ihre Unterwäsche nennt? Sollte der nicht vielmehr alles daran setzen, eine wie mich kennenzulernen?
Ihr Profil stößt auf reges Interesse
, schreibt die Partnerbörse an Edeltrauds von mir installierte gmx-Adresse und rät ihr, Mitgliedsbeitrag zu zahlen, damit sie mit ihren Interessenten in Verbindung treten kann.
So weit möchte ich aber doch nicht gehen. Ich wollte ja nur herausfinden, ob meine finstersten Vermutungen stimmen, und Edeltrauds Erfolg hat sie leider bestätigt. Die Welt ist voll von Idioten, die darauf aus sind, sich von einer intelligenzreduzierten Mutti verwöhnen zu lassen, mit Torten und mit in sexy Unterwäsche verpackten Geschlechtswerkzeugen.
Ich könnte Edeltraud eine reinhauen.

(S. 69f)

© 2011 Deuticke Verlag, Wien.

 

 

 

 

 

 

 

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