Der wilde Mann
Und wer ist das schon wieder? Und das? Und das? - Warum seid ihr heutzutage überall? Wie kann man nur so viele sein? Verschwindend viele. All das bißchen Schöne zum Verschwinden bringend. Heillos Häßliche. Erbarmungslos Häßliche. Wärt ihr wenigstens sagenhaft häßlich. Oder gar märchenhaft häßlich. Heilig häßlich. Aber nein: Ihr seid profan häßlich. Alltagshäßlich auch in euren Festkleidern. Noch nie gab es so viele stockhäßliche Brautpaare, und daran sind nicht nur die Photographen schuld. - Gemein häßlich wie die Gemeinen Hundsblumen, nein, unendlich häßlicher, unendlich häßlich. Das kommt davon, daß ihr auf den ersten Blick schon erkennbar geworden seid. Du: Ich kenne dich: Du spannst beim ersten Regentropfen den Schirm auf. Und du: Auf dich wartet zuhause ein weißer Pudel. Wie der schon bibbert und winselt hinter deiner achtfach versperrten Wohnungstür. Wann wird es endlich Pudel geben, die nicht mehr wie Pudel aussehen? Die auch nicht mehr Pudel heißen? Woher bloß die Idee, ein Pudel könnte einen Kern haben? Und wann wird man endlich Zigaretten erzeugen, die keinen Rauch mehr geben? - Rucksäcke, die wieder Rucksäcke sind, und nicht mehr eure rückenwärts getragenen Schminktäschchen?
(S. 54)
© 2003, Suhrkamp, Frankfurt am Main.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.