Die Platte war gleich aus. Der immer gleiche Refrain des belanglosen Popsongs hatte sich längst erschöpft. Es schien, als ob Mariah Carey selbst nicht wusste, wie sie aus dieser Nummer jemals wieder rauskommen sollte. Spätestens hier musste ein guter Radiomoderator handeln. Und eine Mischung hinlegen. Er hätte die Platte gnadenlos mit einem Jingle abstechen und so zur nächsten Scheibe übergehen können. Er hätte ein Fade-out einleiten und behutsam den nächsten Song drüberlegen können. Er hätte natürlich auch irgendwas wie "Mein Name ist Tommy und ich spiele die Hits" ins Mikro sagen und dann den nächsten Hit starten können. Stattdessen starrte er, unfähig, auch nur einen Regler zu schieben, entsetzt auf das Display des zentralen Computers am Mischpult, auf dem sich der grüne Balken, der anzeigt, wie lange die Platte noch läuft, langsam, aber unaufhaltsam rot verfärbte. So rot wie das Blut, das aus Tommys klaffender Wunde am Hinterkopf sickerte.
Der Tod hatte sich lautlos angeschlichen. Was einem leidenschaftlichen Radiomoderator wie Tommy gegenüber eigentlich nicht fair war. Sein Überlebenskampf hätte sich zumindest ein Intro mit fetzigen Gitarren verdient. Oder die Signation der Breaking News, die nur bei wirklich ganz wichtigen Ereignissen eingesetzt wurde.
(S. 6)
© 2003, Haymon, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.