Leseprobe:
Sogar der Postkasten ist vollkommen eingeschneit; kein Brief, weder gestern noch heute, noch in den sieben Monaten, die ich hier bin; keine Fragen danach, ob ich mich wohl befinde, wieder voller Tatendrang sei und erfüllt von der Bereitschaft, vernünftige Arbeit zu verrichten, ganz gemäß meinen zahlreichen Möglichkeiten. Ich verneige mich vor der Leere des Postkastens, in stiller Dankbarkeit. Ich verneige mich hier überhaupt so gern! Ja, sogar wenn ich die Teppiche in den Garten trage, mit Schnee bedecke und abreibe, auf dass ihre Farben in ursprünglicher Schönheit erstrahlen, überkommt mich das Bedürfnis, eine kleine Verbeugung zu machen. Es ist so seltsam, was mit einem geschieht, wenn man lange genug allein ist; die Dinge fangen an, durchsichtig zu werden, wie von dem spröden Licht durchzogen, das an manchen Wintertagen aus den Wolken dringt, so anspruchslos, dass man sich darüber wundert, in seiner Zartheit noch nicht vergangen zu sein.
(S. 8 f.)
© Paul Zsolnay Verlag Wien 2018