der Platz: schon am frühen Morgen (ihr wart beim ersten Morgengrauen aufgestanden, da von der Kälte und der Feuchtigkeit, die hier heroben selbst im Sommer herrschten, die Bettwäsche klamm und unbehaglich geworden war, hattet auf das Frühstück verzichtet und euch gleich auf den Weg gemacht, um rechtzeitig zum Sonntagsmarkt von San Juan Chamula zu kommen) war er voll mit Indios, die sich in dichten Trauben um die Händler und Verkäuferinnen drängten, die auf dem steinigen Boden hockten und vor sich die Waren ausgebreitet hatten - geflochtene Körbe und Taschen, Tongeschirr, bunt bestickte Blusen, Tücher, Jacken, Ledergürtel, Strohhüte, Obst, Gemüse - oder in kleinen hölzernen Käfigen Tiere hielten, während die Kunden an ihnen vorbeizogen, die Waren prüften, feilschten, wieder weitergingen, von Angebot zu Angebot, oder sich an einen der Tische am Rand des Platzes setzten, um sich auszuruhen und etwas zu essen, und obwohl der Platz bereits übervoll war, drängten aus den Gassen noch immer Menschenmassen, kamen Kleinlaster die Hauptstraße herab mit dutzenden Fahrgästen auf den Ladeflächen, sickerten aus den Wäldern der umliegenden Hügel die Bewohner der nahen Dörfer und Weiler, trafen auf den zahllosen Steigen zusammen und bildeten Prozessionen, die sich langsam die Hänge herab auf das Dorf zubewegten, eine Flut kleiner dunkelbrauner Gestalten, die Männer in dunklen Hosen und karierten Hemden, auf den Köpfen Strohhüte mit ausladenden Krempen, die Frauen in knöchellangen Röcken und bunten Blusen und mit den für diese Gegend typischen dunkelblauen Tüchern, keine Frau, die nicht eines jener Tücher trug, entweder einfach um die Schultern geschlagen oder zusammengefaltet auf dem Kopf oder, hinter dem Rücken, zu einem Beutel geformt, in dem sie ihre Waren oder das jüngste der Kinder heranschleppte, während sie an den Händen noch zwei, drei weitere führte, ein buntes Gewoge das da die Hänge herabfloß sich durch die Gassen schob herein auf den Platz den zu überqueren nun nicht mehr möglich war zu eng standen oder saßen die Menschen so daß ihr nur schrittweise vorankamt immer wieder stockte der Strom und ihr mußtet ausweichen oder standet plötzlich vor einer Frau die am Boden saß umgeben von ihren Waren oder der Strom änderte plötzlich seine Richtung und trug euch mit sich fort vorbei an Ständen oder einem improvisierten Gehege mit ein paar Schafen oder den Tischen und Bänken die nun alle besetzt waren mit Menschen die sich von dem langen Marsch erholten oder die ersten erstandenen Waren noch einmal besahen oder dem Ältestenrat (einer Gruppe von Männern, alle bekleidet mit weißen Hosen und dunklen Umhängen, auf den Köpfen runde, sich nach oben hin kegelförmig verjüngende Hüte mit roten Bändern und Kordeln, in der Rechten einen Stab haltend, von einer Terrasse dem Geschehen auf dem Platz folgend oder Bittsteller und Käger empfangend), und dies alles geschah auf ruhige, beinahe stille Art, nicht der übliche Marktlärm erfüllte den Platz und die Gassen, sondern nur das Scharren der nacken Füße der Frauen und Kinder und der Sandalen der Männer, das Reiben der Kleidung und das halblaute Gemurmel der Menschen, nur hie und da unterbrochen vom Schrei eines Tieres, einem kurzen Auflachen oder einer hellen Kinderstimme (oder hatte, in den darauffolgenden Monaten, und, später, zu Hause, das oftmalige Betrachten der Fotos, die du, möglichst unauffällig, immer in Deckung, hier gemacht hattest, dein Erinnerungsvermögen getrübt, so wie du auch den Eindruck hattest, die Aufnahmen würden die Farben nicht wirklichkeitsgetreu wiedergeben, das Licht sei viel strahlender und durchsichtig, fast wäßrig gewesen, während die Schwarzweißaufnahmen, hier, jetzt, in der Zeitschrift, viel eher das widerzuspiegeln scheinen, woran du dich zu erinnern glaubtest?), und dies ging so lange, bis sich der Menschenstrom eine weiße Mauer entlangwälzte und euch durch eine Öffnung auf einen weiteren Platz ausspie
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