Wenn ich heute beschreiben müsste, was an Hannes am faszinierendsten war, wäre dies meine Antwort: Die Fähigkeit, aus einem ziellosen Haufen eine Gruppe zu formen, diese Fähigkeit, rund um sich einen Kreis von Auserwählten zu schaffen und ihnen, nur ihnen, das Gefühl von Sicherheit einzuimpfen. (Da war dann Schluss mit dem aufgescheuchten Gegacker! Da sprach man mit einer Stimme!) Man trat in seine Aura ein wie in einen Schutzraum. Er, Leo und ich, an diesem Tisch, an diesem Abend. Wir waren doch da, Mann! Wir bildeten doch eine Runde, ein Bollwerk, gewappnet gegen den Angriff der Barbaren!
Wir bestellten Wodka, tranken, bestellten erneut. Mit jedem Glas strömten mehr Menschen ins Palace; mit jedem Schluck trank ich dafür ein bisschen Unsicherheit weg. Der Pegel im Raum fiel, der Pegel in mir steig.
Am schnellsten wurde Leo betrunken. Sein Gesicht schien vom Rausch leicht anzuschwellen. Hannes war in bester Laune, wir drifteten zur Tanzfläche. Es herrschte dichtes Gedränge, Hannes pflügte durch die Tanzenden, die Masse wich zurück wie Grashalme vor einem Windstoß. Das war Voodoo, People! Die Musik wurde lauter, die Menge zog im Takt mit. Rädchen setzten sich in Bewegung, der Puls stieg, die Reserven wurden herausgekratzt aus den angerosteten Herzkammern. (Man sah fast schon ein Flimmern in der Luft!) Mir lief der Schweiß in Rinnsalen den Rücken hinunter, ich sah hinüber zu Hannes, sein Gesicht leuchtete im Scheinwerferlicht, hüpfte im Takt herum wie ein Lichtteilchen, das Lachen in seinem Gesicht war unauslöschlich. Er dominierte die Tanzfläche. Um ihn kreisten die Tanzenden. Die Körper züngelten an ihm hoch. Er streckte seine Arme im Tanz zur Seite, als wärmte er sich an den Moves der Menge.
(S. 56f)
© 2011 Skarabaeus Verlag, Innsbruck.