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Leseprobe: Gundi Feyrer - "Auswendige Tage."

Nein, das Formel-1-Rennen hat mir schon immer gefallen: mit äußerster Geschwindigkeit immer wieder dieselben Kreise fahren, kein Ziel oder immer dasselbe und UNERREICHBARE Ziel haben: das bin ich.
Wettlesen, Wettrennen. Hundertstelsekunden, oder noch weniger, entscheiden. Die Entscheidung, welcher Schriftsteller welchen Preis bekommt, basiert auch auf Hundertstelsekunden. Das Zusammentreffen dessen, was diese zu lesen, zu denken wissen, imstande sind.
Formel-1: immer wieder dieselbe Strecke, kein Hindernisrennen, sondern verschiedene Kurven, die immer wieder durchfahren werden. Das Gebot sind Runden einer bestimmten Anzahl.

Beim Schreiben ist es ähnlich: ich fange irgendwo an und bin schon mitten drin. Auch der Rennfahrer ist in den Strecken immer schon drin, da er dauernd dieselben Runden fährt; der Startschuß entspricht dem Sich-an-den-Schreibtisch-Setzen und dann gehts los. Man fährt immer wieder auf denselben Gedankenbahnen und wenn man es richtig tut, mit sehr großem Aufwand, sozusagen immer schneller die bekannten Gedankenbahnen abfährt, um irgendwann auf eine neue Rennstrecke gestellt zu werden. Eine große Sinnlosigkeit veranstalten: mit allen Fähigkeiten, die einer besitzt. Der Unterschied ist vielleicht der, daß der Rennfahrer kein Ergebnis und schon gar kein Produkt hat wie der Schreibende; selbst wenn er gewinnt, was hat er dann.
(S. 107)

Wissen Sie, es soll hier Dichter geben, aber ich treffe keine. Offensichtlich wollen auch die Grazer Dichter mich nicht treffen. Warum ich immer noch hier bin? Geld.
Es gibt kaum Leute, die mir in die Augen sehen.
Was gefällt mir hier?
Die Wohnung ist groß und angenehm und nachts ist das Haus leer. Ich kann die Musik so laut machen, wie ich will.
Was gibt es über Graz zu sagen?
Nicht viel. Es ist hübsch, die Häuser gefallen mir großteils. Einige und meist ältere Leute sind höflich - freundlich.
Es ist die Stadt der Volkserhebung und die Leute zeigen ihre Abneigung gegen das Fremde, gegen das Gestörtwerden im eigenen Kreis: Familie, Freunde, Nachbarn. Ich bin der Gast, der monatlich sein Geld bekommt und eine großzügige Wohnung hat. Die sogenannte "Kulturszene" will das Fremde nur haben, wenn's nicht in der eigenen Stadt wohnt. Mich interessiert die österreichische Mentalität nicht sehr: saufen können sie.
Ich suche verzweifelt nach etwas Erfreulichem: Der Himmel ist ganz schön. Die Kuchen sind gut. Die Lokale sehen hübsch aus und sind, was man nennt: gemütlich. Was mich wiederum weniger interessiert.
Was mir wichtig ist: lebendige Leute um mich herum. Daß man Augen ansehen kann, andere.
Ich bin der Kanaldeckel für das von einem Ort Erzeugte: mein Schreiben als das Labyrinth da unten, wo alles des Ortes, wo der Ort selbst in sich zusammenfließt, als sei er nie auseinandergeflossen. Es gibt Orte (Graz), die nie auseinanderfließen. (S. 182)

(c) 1997, Droschl, Graz, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

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