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Leseprobe: Georg Payr - "Vom Drücken des Schuhs"

Albert konnte mit seinen Lehrern nicht viel anfangen. Zu wesentlich anderem als zum Beschreiben einer Wohnung war er nie aufgefordert worden - abgesehen von der Aufforderung, deutlich zu sprechen. Seine anfängliche Aufmerksamkeit nahm deshalb ab, und bald hörte er in den Stunden nicht mehr zu. Dafür sah er umso mehr. Wo für die anderen die Welt in einer Dunstbarriere geendet hätte, wenn sie nur hinausgeschaut hätten, begann für ihn die Welt. Es war aber nicht nur schrecklich, was er sah. Er sah auch Schönes: Da gab es Wiesen, auf denen Bären tanzten, da kraulten Bäume, an deren Ästen Vogelheime hingen, den Himmelsbauch, und in verzweigten Gangsystemen unter den Wurzeln zeigten Untertagtiere ihren Kindern den rechten Weg. Aber da waren auch Berge, die gegen das Zusammenfallen anwuchsen. Einmal ging ein so ungeheures Aufbäumen durch einen dieser Gebirgszüge, dass dieser nach oben hin keinen Platz mehr hatte und deshalb dem Fenster entgegenraste, daran klopfte, dagegen drückte und es mit Macht einschlug. Albert stemmte sich zunächst dagegen, musste den Kampf aber aufgeben, und als zugleich mit dem Brechen des Glases Geschrei um ihn herum einsetzte und er die Splitter und er ein warmes Rinnen über das Gesicht spürte, war das Blut all seines Schauens Wirklichkeit geworden. Ein Taumel noch, ein Drehen und vage noch ein Sesselkippen, dann fuhr der Krankenwagen in sein Leben ein, das er für kurze Zeit an eine Ohnmacht abgab. (S. 58f.)

Kein Hahn kräht nach Seitenstächen. Dieser Ort liegt ihm fern. Er weiß nicht, dass es eine ganze Stadt ist, mit Heimischen und Zugereisten. Kein Hahn kräht in Seitenstächen. Die Eier, die hier gegessen werden, werden andernorts gelegt. Kein Hahn kräht, erst recht nicht dreimal. Jetzt kräht ein Hahn. Er muss sich verflogen haben und zum Raum- ein Zeitproblem dazubekommen haben. Ein fremdes Federvieh, das ist allerdings nichts unbedingt Ungewöhnliches. Hähne kommen auf ihrem Weg ins Bibeltum auch hier vorbei, wenngleich selten. Frau Mertz hat scharfe Ohren. Sie hört den Redner reden, obwohl Moritz, der ja viel näher dem Redner steht, nichts mehr hört. Der Hahn kräht alles zu, Frau Mertz ist zu bewundern. Jetzt ist der Redner wirklich verstummt. Sogar seine Zehennägel machen eine Wachstumspause. (S. 148)

© 1999, Haymon, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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