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Leseprobe: Andrea Sailer - "Eine Art Himmel."

Georg zuckte mit den Schultern. "War sie eigentlich jemals schwanger?"
Jochen nickte. "Zweimal sogar. Eins wäre von Oliver gewesen. Beim anderen wusste sie nicht so ganz genau, wer der Vater gewesen sein könnte. Sie hatte da gerade mehrere Sachen am Laufen. War ziemlich irre damals, das Ganze."
"Und?" Georg sah auf die Uhr. "Was war dann weiter?"
Jochen zuckte mit den Schultern. "Na, was wohl?! Weggemacht hat sie sie, beide Male. Betty und ein Kind, ich bitte dich, das wäre doch nie gut gegangen. Betty konnte mit Kindern doch überhaupt nichts anfangen. Da ging's ihr wie mit Frauen..."
Georg musste lächeln. Betty war bereits eine Frau gewesen, als er selbst lange noch kein Mann war. Und Betty wollte immer alles, und alles auf einmal, und zwar sofort. Sie war ein wunderschönes, habgieriges Kind, das zunächst einmal begehrt werden wollte, nicht geliebt. Liebe wäre ihr vermutlich lästig gewesen. Deshalb setzte Betty ein Lächeln auf wie einen neuen Hut. Trug ihren Sex-Appeal so selbstverständlich wie ein knappes Kleid. Neben ihr wurde immer alles andere unwichtig, radikal bedeutungslos. Doch Betty kannte keine Gnade. Hob die ihr zu Füßen liegenden Jungs wie Fallobst auf, betrachtete sie eine Weile, biss ein oder zweimal von ihnen ab und warf sie dann angeekelt weg. Sie spielte mit ihnen, wie man mit kleinen Kätzchen spielt, die einem nicht gehören, die man auch gar nicht für immer haben möchte, bloß ein bisschen anfassen, für kurze Zeit.
"Warst du nicht das, der in der Schule mal für sie ein Lied komponiert hat?", fragte Jochen Georg, ohne ihn anzusehen. Sein Blick verlor sich im Gewittergrau der Landschaft hinter der riesigen Gewitterfront.
"In der siebten Klasse, ja", nickte Georg und sah wieder auf die Uhr.
Jochen grinste. "Ich erinnere mich jetzt noch gut daran, sie hat dich furchtbar ausgelacht. Naja, sie hat uns alle ausgelacht, genau genommen. Trotzdem, damals haben wir alles immer so verdammt ernst genommen, jung, wie wir waren. Jung und dumm." Jochen verzog das Gesicht zu einem Ausdruck, der zwischen Verächtlichkeit und Wehmut hin- und herschlitterte wie ein Spiegelei in einer viel zu fetten Pfanne. Georg sah ihm gebannt ins Gesicht.
"Ich glaube, ich werde mir nie mehr so alt vorkommen wie jetzt", sagte er dann. "Dreißig, das ist in Wahrheit das Ende. Da ist das Wesentliche schon gelaufen. Mit Dreißig kannst du schon den Rest deines Lebens überschauen bis zuletzt. Du stehst am Gipfel, und die Zukunft erstreckt sich vor dir wie eine Wüste. Was Neues kann doch unmöglich noch kommen, oder?"
"So pessimistisch geworden?!" Jochen biss sich auf die Unterlippe.
(S. 179ff)

© 2004, Steirische Verlagsgesellschaft, Graz.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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