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Leseprobe: Wilfried Steiner - "Sieben Jahre Glück."

KOSMISCHES ROULETTE FÜR GETRENNTE KÖNIGSKINDER

nichts geht mehr,
seit du gegangen bist.
ich hab mich selbst auf rot gesetzt,
doch alles ist schwarz geworden,
als du gegangen bist.
du machst woanders dein spiel,
und ich gehöre der bank.

die sonne ist vor schreck ganz heiß und kalt geworden,
als du gegangen bist,
und kreist jetzt blöd um eine leere mitte,
bevor sie manchmal in ein rotes oder schwarzes loch fällt.
die erde ist ganz grün und flach geworden,
als du gegangen bist,
die sterne sind erloschen und herabgestürzt,
liegen auf der grünen erde als tote zahlen herum.

nichts lebt mehr,
seit du gegangen bist.
doch wenn du wiederkommst
und dein königskinderherz auf rot setzt,
bis die kalte sonne in ein rotes loch stürzt,
dann kann der fette croupier "nichts geht mehr!" schreien,
bis er schwarz wird,
dann macht die tote welt die augen wieder auf
und ich gehöre wieder dir.
(S. 20)

ZORNDÄMON SPRICHT ZU MIR

sitzt du noch immer hier? nichts ist mehr
herauszuholen für dich aus der welt,
deine bettlerschale ist vollgespuckt.
jeder morgen fährt in dich
wie eine nadel unter den daumennagel;
wer sonst als du soll diese sonne
zerdrücken zwischen zwei fingern?
willst du wieder warten bis licht
fällt auf dein leben, den halbvertrockneten
regenwurm vor deinen füßen, stört dich
ein auge, reiß beide heraus, oder willst du
noch mehr sehn, schau, ein mensch brennt,
dann brennen zwei, dann alle, deutscher
advent, und deine geliebte bringt
zum frühstück ihre zangenarme mit, wieviel
fleisch läßt du sie noch herausnehmen aus dir?
he, freund fürchtegott, hier ist ein spiegel:
halb ausgeweidet ist schon dein ochsen-
kadaver, und immer noch singst du ein loblied
den metzgern. steh auf, mach selbst
dein messer scharf und schneid aus der
welt heraus, was dir so unverschämt entgegen-
wuchert, bis in dein feiges herz hinein,
trenn ab, schlitz auf, mach rot
und wenn du alles ausgemerzt hast,
was dich quält, und dann erkennst,
daß nicht viel übrig bleibt, dann zück
deine finger, dann mach endlich, du braver
backenhinhalter, nichts schöneres unter der sonne,
als die sonne zu spüren als matsch auf den fingerkuppen,
mach endlich, mach rache, mach kalt, drück zu,
mach finster.
(S. 43f.)

(c) 1997, Haymon, Innsbruck.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

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