2. Dezember
Selber Tag wie gestern. Die Brillen in der Finsternis verloren, durch Stacheldrahtzäune gerutscht, im regennassen Gatsch auf allen vieren wieder zur Straße hinauf, verdreckt, irgendwie das Kurzimmer gefunden; nur im Finstern und in Blödheit bleibt man unverletzt. Nur das linke Ohr leicht aufgerissen. Immer wieder werde ich für Stunden zum Tier, weiß der Teufel warum.
3. Dezember
Wieder ein Tag fürs Nichts. Ein provisorischer Tag.
(S. 62)
10. Februar
Wenn irgendwas nur ein gutes Ende nimmt. Irgendwas. Genaues nehme ich mir nicht vor, nur irgendein gutes Ende will ich sehen wieder einmal.
Franz Ferdinand hat gewünscht, daß man Kokoschka alle Knochen im Leib breche, die Professur von Egger-Lienz an der Akademie hat er verhindert. Egger-Lienz wieder hat gesagt, daß man für Kokoschka keinen Heller ausgeben solle. Der verhinderte Professor und der verhinderte Kaiser haben sich doch noch getroffen. Bisweilen erfährt man auch aus dem TV was. Woran arbeiten Sie, fragt man den gealterten Egger-Lienz. Ich bin fertig.
Malina endet, wie Bücher nicht enden sollen. Wie sollen Bücher nicht enden? Wie Malina. Anfang und Ende treten sich.
So um die fünfzig, wenn sich der Körper beruhigt, ist eine gute Zeit, etwas zu beginnen. Zu beginnen, nicht zu erstreben. Nur das große Sterben kommt auch über das Streben, über den lebenverachtenden Ehrgeiz, die Ehrsucht, die dem Überdruß vorangeht. Ein Mensch mit Orden ist vom Leben entwürdigt.
Nur Behördenrennereien, Amt für Amt, werde immer gereizter. Und morgen habe ich noch einige Ämter auf der Liste.
Nachmittags zum Eislaufen auf den Rauschelesee, die Lungen vollpumpen, die Beine strecken. Aber die Füße tun bald weh, wir gehen dann noch den See entlang, es ist köstlich warm, dann nach Haus, am Weg in einer Bäckerei mit Kuchen eingedeckt, Johannes will das Auto haben, seinen frischen Führerschein ausführen. (S. 130)
© 2000, Deuticke, Wien, München.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.