Der ansonsten passionierte Gleitzeitjäger und -sammler Werner Turger kam erst kurz nach halb neun zerknittert ins Einkaufsbüro der MAG. Für Hans Helger, der gerade eine bis an die Grenze der Erträglichkeit langweilige Materialanforderung aus dem Technischen Zeichenbüro bearbeitete, war natürlich sofort alles klar.
Er konnte sich getrost in seinen Sessel zurücklehnen und alles, was Turger jetzt zu dem Zweck unternehmen würde, sich um Himmels willen nur ja nichts anmerken zu lassen, als Beweis dafür betrachten, daß ihn sein erster Eindruck nicht getäuscht hatte Turger stand mit dem Rücken gegen seinen Schreibtisch gewandt und sah aus dem Fenster. Zumindest tat er so, als sähe er hinaus. (...)
Turger hatte bis jetzt - wegen Bergers Weigerung - für sich, seine Lebensgefährtin und ihren gemeinsamen Sohn keine der zahlreichen leerstehenden Betriebswohungen zugeteilt erhalten. Dier Berger gedachte von seinem Standpunkt nicht abzugehen, daß Turger, Kind hin, Kind her, so lange ledig sei, als er keinen Trauschein vorweisen könne. Aus moralischen Gründen sei es vollkommen undenkbar, an Ledige Dienstwohnungen zu vergeben. Nicht einmal den leerstehenden, an die beiden Turger-Zimmer angrenzenden Raum wollte der geradezu besessene Menger Kirchenchorsänger Berger Turger zugestehen, obwohl eine endgültige Entscheidung bezüglich dieses Kompromißvorschlags noch ausstand. Noch dazu, wo die nie verheiratet gewesene und immer allein lebende Direktionssekretärin Dr. Mayr sehr wohl schon jahrelang in einer - sogar einhundertzwanzig Quadratmeter großen! - Werkswohnung lebte.
© 2001, Otto Müller, Salzburg, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.