Editura Universitatii Suceava, 2006.
160 S.
ISBN 978-973-666-224-9.
Bei aller Skepsis gegenüber der Eingemeindung Paul Celans als 'österreichischer Dichter' steht doch der enge Zusammenhang zwischen der vorwiegend von deutschsprachigen Juden geschriebenen Czernowitzer Literatur und der Literatur Österreichs außer Zweifel. Vielleicht hat eben die Abnabelung von Wien – wo manche mit ihren Eltern vor den Russen geflohene Czernowitzer Autoren Kinderjahre verbracht hatten – jene literarische Blüte um 1930 ermöglicht, aus der zuletzt Celan hervorgegangen ist: weil man nach 1918 in der Bukowina bleiben musste und nicht ohne Weiteres in den Zug nach Wien einsteigen konnte, wo ältere Czernowitzer in Presse und Kulturleben recht erfolgreich gewesen waren. So viel zur Rechtfertigung der Besprechung dieses Buchs an diesem Ort.
Es stellt den nachmaligen Mentor des jungen Celan, Alfred Margul-Sperber (1898-1967), den in seinen besten Versen beachtenswerten Lyriker, unter einem Aspekt vor, von dem man Genaueres bisher nicht wusste: als von 1927 bis 1933 sehr aktiven Journalisten des Czernowitzer Morgenblatts, der vielleicht anspruchsvollsten deutschen Zeitung der Bukowina. Die Verfasserin gibt neben einer hochwillkommenen, Ungesichertes ausschließenden Bibliografie von Sperbers Beiträgen, unter denen die unter dem Titel "Czernowitzer Wochenendpredigten" relativ regelmäßig erscheinenden satirischen Feuilletons (nach Wiener Muster) besonders bemerkenswert scheinen, nicht viel mehr als einen ebenso willkommenen ersten Überblick über Sperbers publizistisches Werk – der gleichwohl ein ganz anderes Bild eines Autors entstehen lässt, den man, wenn überhaupt, bisher nur als Lyriker wahrgenommen hat, von dem man bestenfalls noch den unter dem Titel "Der unsichtbare Chor" in dieser Zeitung 1928 erschienenen Überblick über die damaligen Czernowitzer Dichter kannte; und den bloß vom Hörensagen. (Der erste Artikel der Serie ist hier, 117ff., als Faksimile wiedergegeben.) Die "Exemplarischen Texte" (107-160) – eine größere Sammlung von Prosa-Arbeiten Sperbers stellt Rostos in Aussicht – machen uns nicht mit einem großen Prosaisten bekannt, aber mit einem wachen Geist, der unter schwierigen Bedingungen dem intellektuellen Leben der Deutsch Sprechenden am Rand des Sprachraums wichtige Impulse gab. Dass die Texte zum Teil faksimiliert sind, bewahrt ein wenig vom Flair der Originale.
Ein Lektor deutscher Muttersprache hätte dem interessanten und informativen Buch nicht geschadet, doch betreffen die Mängel nur Kleinigkeiten. Insgesamt ist Ioana Rostos ein sorgfältiger, methodisch wohl durchdachter und zugleich angenehm bescheidener Beitrag zur Kenntnis eines zu wenig bekannten Autors der Zwischenkriegszeit gelungen.
Sigurd Paul Scheichl
10. Juni 2008
Originalbeitrag
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