Wir waren das Paar, das arrogant auf gepolsterten Stühlen saß. Wir waren das Paar, das niemals stritt. Wir waren das Paar, das noch um fünf in der Früh genau wusste, warum es so sehr betrunken war (weil wir immer nur eine Woche hatten). Wir waren Sartre und Beauvoir! Wir waren Kafka und Milena. Wir waren Marc und Bella Chagall. Wir waren Zelda und Scott Fitzgerald!
Aber Srećko hatte sich verändert. Fern von seiner Heimat hatte er sich zu einem neuen Menschen gemacht. Seine Bilder wurden immer mehr zu dem, was ich für ihn sein wollte, und durch Gonzo war er zudem noch auf das Schreiben gekommen. Er schrieb Theaterstücke rund um die Macht. Er schrieb Kurzgeschichten rund um die Freiheit. Und ich glaube, ich begriff kein einziges Wort. "Mein ganzes Leben lang habe ich nach solchen Freu(n)den gesucht", jubelte er. "Du kannst dir nicht vorstellen, welche Befreiung das ist. Endlich der sein zu dürfen, der ich immer schon war! Und niemand ist da, mich zu bremsen!"
Srećko war zu sich selbst gekommen! Es lag an mir, ob ich ihn lieben oder hassen sollte. Aber wie hätte ich jemanden hassen können, der so herrlich zu lieben verstand? Noch immer passten unsere Körper perfekt ineinander, und noch immer war es jedes Mal ein erbärmliches Gefühl, am ZOB zu stehen und Adieu zu sagen: Bis bald, mein Mädchen! Jede Stunde werde ich an dich denken.
(S. 38f)
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