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Zeilenleben

vor 2 Monaten

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Als große Freundin von eposverdächtigen High Fantasy Geschichten war ich sehr begeistert als ich „Das Lied des Blutes“ von Anthony Ryan entdeckte. Der Klappentext ließ mir im literarischen Sinn das Wasser im Munde zusammenlaufen und ich machte mich auf ein großes Leseabenteuer gefasst. Das Abenteuer beginnt mit Vaelin Al Sorna, der als Kind in den sechsten Orden gegeben wird. In der Welt, in der wir uns befinden, gibt es Orden für fast alles. Heilen, Wissen und eben auch den sechsten Orden, in dem perfekte Krieger ausgebildet werden. Vaelin hat kurz zuvor seine Mutter verloren und versteht nun nicht, warum sein Vater ihn nun an den Orden abschiebt.


Vaelin findet aber schnell eine neue Familie, in den anderen Jungen des Ordens. Zusammen müssen sie nicht nur den harten Drill der Meister überstehen, sondern auch einige Prüfungen meistern. Schließlich sind sie eine kampferfahrene Truppe die jeden Gegner trotzen kann. Dabei sticht Vaelin besonders hervor. Er ist der beste Schwertkämpfer der Gruppe, hat eine geheime Fähigkeit und ist der perfekte Anführer. Er scheint eine Art moralischen Kompass zu haben und handelt nie unüberlegt, sondern weiß instinktiv immer was das Richtige ist. Dabei ist dies nicht immer so einfach. Vaelin muss sich in einem Gewirr aus Intrigen und den Spielchen eines machthungrigen Königs zurechtfinden und ihm gelingt dies mit einer märchenhaften Eleganz.


Dabei wird das Buch in Rückblenden erzählt. Wir befinden uns in der Gegenwart auf einem Schiff, dass Vaelin zu seinem vermeintlich letzten Kampf bringt. Er erzählt nun seine Lebensgeschichte einem Schreiber, der diese festhalten soll. Dabei werden schon im Verlauf der Geschichte einige Unstimmigkeiten aufgeworfen. Allerdings sind diese vermeintlichen Fehler bewusst eingebaut und ergeben am Ende einen gewissen Sinn für die Geschichte.


Nun zunächst hat das Buch natürlich unglaublich viele Parallelen zu „Der Name des Windes“ von Patrick Rothfuss. Der Erzählstil und das Stilmittel sind dieselben. Auch in das „das Lied des Blutes“ verliert der Protagonist früh seine Familie und muss sich irgendwie im Leben zurechtfinden. Auch der Erzählstil ist an dem von Patrick Rothfuss angelehnt, auch wenn er meiner Meinung nicht an „der Name des Windes“ heranreicht. Die Geschichte ist natürlich eine andere und die ist auch spannend und bildhaft erzählt. Leider gab es hier und da einige zähe Längen für mich, in denen nichts geschah, was die Geschichte irgendwie vorangetrieben hätte. Das Hauptproblem lag bei diesem Buch für mich aber beim Protagonisten. Vaelin ist mir einfach zu perfekt. Er ist ein Held ohne Ecken und Kanten, ohne Konflikte und auch nach 775 Seiten immer noch ohne Profil. Auch als Junge erlaubt er sich nie eine Grenzübertretung und ist immer ein perfektes Beispiel für Mut, Kameradschaft und Moral. Er macht nie einen Fehler, findet immer die richtigen Worte für andere und weiß sich immer zu helfen. Leider machte diese Charaktergestaltung das Buch für mich relativ flach. Ich konnte nicht richtig mit Vaelin mitfiebern, da ich schon vorher wusste, dass er das „Richtige“ tun wird. Das nahm der Handlung dann doch schon die Spannung.


Handwerklich ist das Buch gut erzählt. Es gibt Überraschungen und interessante Wendungen. Auch das Ende hat auf den letzten Seiten dann doch noch mal einen Knalleffekt parat. Es gibt auch liebenswürdige Charaktere wie z.B. Vaelins Streitross, dass deutlich mehr Biss hat als er selbst. Am Ende des Buches landet man im Erzählstrang wieder in der Gegenwart. Sehr geschickt! Ich bin nämlich trotz allem gespannt wie es mit der Geschichte den nun weiter geht und ob Vaelin doch noch etwas Profil bekommt oder doch weiter zum Heiligen stilisiert wird. Ich werde die weiteren Teile also auch lesen.


Fazit:


Das Lied des Blutes ist ein handwerklich gut erzähltes Buch und beinhaltet alles, was ein guter Comin of Age-High Fantasy Schmöker haben muss. Natürlich hat sich Anthony Ryan hier und da an Patrick Rothfuss orientiert, aber dann doch seine eigene Geschichte erschaffen. Das Buch hatte einige Längen für mich und mit dem Hauptprotagonisten Vaelin wurde ich wegen seiner hell strahlenden Perfektion einfach nicht warm. Insgesamt vergebe ich drei Sterne und hoffe dann doch, dass mich der zweite Teil so richtig aus den Socken haut!

Autor: Anthony Ryan
Buch: Das Lied des Blutes
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