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Floh

vor 4 Wochen

(129)

Wer einen außergewöhnlichen Thriller sucht, dessen Inhalt sprachlos mach, dessen Umsetzung äußerst grotesk ist, dessen Thematik harter Tobak darstellt und dessen Protagonistin den eigentlichen Nervenkitzel ausmacht, der Jenny Rogneby ´s Thriller „Leona – Die Würfel sind gefallen“ richtig gut beraten. Hier gibt es nicht nur unfassbare Psychogramme und Charakterstudien, hier gibt es auch einen fiktiven Fall, der ganz Schweden aus der Fassung bringt. Skandinavisch, innovativ, eindringlich und einfach mal andersartig…. Wie besessen verfolgt der Leser die Handlung, einzig allein um Leona und ihr Gehirnkonstrukt zu verstehen und zu knacken, vergebens, hier rätselt man und kommt kaum noch von den Seiten los!
Erschienen im Atrium Verlag (http://www.atrium-verlag.com/)

zum Inhalt / Thematik:
Die äthiopische Autorin Jenny Rogneby begibt sich mit ihrem Auftakt zu einer besonderen Thrillerreihe "Leona – Die Würfel sind gefallen" in die verkorkste und abgefuckte Welt von Leona, ihrer Kindheit und ihrer eigenen Familie, ihres Jobs und ihren psychischen Merkmalen. „Leona – Die Würfel sind gefallen“ beschreibt das Leben, eine Legende, von einer gebeutelten, gebrandmarkten und abgestürzten Ermittlerin. Eine Mutter, die ihre Kinder und Familie nicht beherzen kann, die jegliches Gefühl verloren hat, die egoistisch ist und über Leichen geht. Die mehr weiß als sie dürfte und die mehr im Pool der Gesetzlosen schwimmt als man in ihrem Stand annehmen dürfte. In diesem Auftakt zu einer polarisierenden Reihe nimmt uns Leona aus ihrer Sicht erzählt mit in ein Leben der belastenden Umstände und Vergangenheiten mit einem rasanten Fall, der ein ganzes Land in Atem hält. Ein Leben im Suff, im Qualm, in Bars, unter Prostituierten, mit Spielsucht, Geldnot und kranker Ehe. Jenny Rogneby spielt gekonnt mit den Klischees einer gescheiterten verkorksten Person, sie zeigt die Taubheit, die Kälte und den Frust, den eine Mutter umgibt deren Kindheit genommen wurde und die keinerlei Gefühl zulässt. Von einer jungen Mutter zu einem psychischen Wrack. Erschreckend, brutal und polarisierend. Grundsatzfragen des Vertrauens, der Gier, die Macht, der menschlichen Moral und die Frage nach Richtig und Falsch, nach Gut und Böse. All das erlebt der Leser zusammen mit Leona. Der Leser bekommt sein eigenes (Trug-) Bild und wird qualvoll in Gewissenskonflikte verstrickt...Dieser Thriller trägt starke Züge eines rasanten Psychothrillers und Autorin Jenny Rogneby versteht und bestätigt das Genre Thriller, auch wenn sie ohne Spannungsspitzen schreibt und ihre Handlung sehr flach ausbreitet.

Klapptext:
"Dieser Bestseller aus Schweden hat die Krimiszene auf den Kopf gestellt: Was Sie mit der Ermittlerin Leona Lindberg erleben, werden Sie nicht wieder vergessen. Glauben Sie nichts – und machen Sie sich auf alles gefasst.
Stockholm: Ein siebenjähriges Mädchen betritt blutüberströmt eine Bank und schaltet einen Kassettenrekorder ein. Eine Stimme fordert Geld im Austausch für das Leben des Kindes. Die Angestellten sind entsetzt. Kurz darauf verlässt das Mädchen die Bank mit sieben Millionen Kronen und verschwindet. Der Fall macht Schlagzeilen. Bei der Polizei wird Leona Lindberg mit den Ermittlungen beauftragt. Leona ist 34, verheiratet und selbst Mutter von zwei Kindern. Sie gilt als Außenseiterin, doch ihr Ruf ist tadellos. Aber diesmal führen ihre Ermittlungen in eine Sackgasse, denn von dem Mädchen fehlt jede Spur. Und jeder scheint etwas zu verbergen. Allen voran Leona selbst."


Schreibstil:
Der Schreibstil dieser jungen Autorin sticht heraus. Ich musste schon nach wenigen Seiten schlucken und mich neu orientieren und diese derbe und unverblümte Zurschaustellung Leona Lindbergs und den krassen Prolog erst einmal akzeptieren und verdauen. Aber Hut ab! Der Autorin ist es durch ihren hammerharten und derben Ton gelungen, das abgewrackte Leben von Leona an die Oberfläche zu bringen. Sehr mutig, sehr, neu und sehr gewagt! Es passt aber zum Milieu, zu Leonas Leben und Verfassung, zu ihren Gedanken und zu ihrem Lebensinhalt und ihrer Vergangenheit. Aber nicht nur Leonas Sicht in der Ich-Perspektive wird durch die harten Fakten und Handlungen gezeichnet, auch ihre Familie und die Zusammenhänge zu den Raubüberfällen bekommen eindringliche Schärfe. Zwar bietet ihr Schreibstil wenig Spannung in der Handlung, denn hier ist es eher die Protagonistin, die für Nervenkitzel sorgt, aber dennoch bietet dieser Thriller etwas Neuartiges und Spezielles. Respekt von mir für diese krassen Bilder, Situationen und Assoziationen. So etwas trauen sich wirklich die wenigsten Autoren. Neben der beeindruckenden Umsetzung der Charakterzüge und Psychogramme und ihrem gewählten Sprachstil, fällt diese Autorin mit einem sehr dezenten dennoch eindringlichen Tempo auf. Die knapp 450 Seiten sind so schnell gelesen, dass ich mich selber wunderte, wo all die Zeilen geblieben sind. Die Sätze sind recht kurz, aber jeder Satz, jede Zeile für sich ist so aussagekräftig, dass es keinerlei Umschreibungen vermag. Man liest eigentlich nur, um Leona zu verstehen. Die Handlung ist da eher Nebensache. Der Leser muss gar nicht lange warten, bis er in den Thrillergenuß kommt, denn Jenny Rogneby sorgt direkt schon zu Beginn für spannende Ereignisse und wirft gleich zu Beginn Fragen auf. Nach einer kurzen Einleitung, einem verheißungsvollen Prolog, beginnt Jenny Rogneby von Leona aus Leonas Perspektive und ihrem Schicksal zu erzählen. Aus der Erzähl- und Gefühlsperspektive erleben wir die Jahre im Zeitraffer, die diese junge Mutter zu dieser gezeichneten Frau haben werden lassen

Charaktere:
Die Hauptprotagonistin ist hier, wie der Titel vermuten lässt, Leona. Und ihre Würfel sind bereits gefallen… Wir erfahren im Verlauf der Handlung wer Leona Lindberg ist, und warum Leona Leona ist. Ermittlerin Leona Lindberg, eine gezeichnete Frau, die durch Vergangenheit, Sucht, Geldnot, Härte und Gefühlskälte durchs Leben vegetiert. Leona nimmt kein Blatt vor dem Mund, sie ist hammerhart, weiß sich zu helfen, lebt einen krassen Lebensstil und frisst allen Frust in sich hinein.
Leona ist Kernstück dieses Thrillers. Ihre Stärken sind zugleich ihre Schwächen. Doch nicht nur Leona lässt das Adrenalin in die Adern der Leser pulsieren, sondern auch weitere sehr gravierende Psychogramme einzelner Charaktere. So zum Beispiel Peter, ihr Ehemann, oder ihre Kollegen, ihre Kinder, Olivia und ihr Vater… Hoch loben möchte ich die Autorin Jenny Rogneby für die raffinierte Auswahl der Hauptprotagonisten, die vielen Vize-Hauptprotagonisten und die zwielichtigen Nebendarsteller. In diesem Buch gibt es eine Menge Rollen, manche davon nehmen im Verlauf der Handlung eine ganz andere Seite ein, diese gekonnten und raffinierten Wendungen zeugen von großem Talent und Auseinandersetzung mit der ganzen verkorksten Handlung. Hier ist "Schubladendenken" sicherlich nicht angebracht, denn hier erlebt der Leser einige Überraschungen. Autorin Jenny Rogneby besticht hier mit sehr detailliert beschriebenen Charakteren, auch jene Nebendarsteller werden mit einer ganz besonderen Macke oder Eigenschaft in dem Geschehen platziert. Neben Beruf und Aufgabe in dem Buch, können wir die Protagonisten auch etwas "privat" kennenlernen und erhalten somit ein rundes Gesamtbild der Persönlichkeiten. Die Darstellung der handelnden Personen ist authentisch und personifiziert geschildert. So bekommt der Leser die Möglichkeit Handlungen zu verstehen und sich zu identifizieren und vor allem: die Thematik tief in das Bewusstsein zu holen!!! Er kann sich mit einzelnen Situationen dank der Charaktere auseinandersetzen und den Gewissenskonflikt und die Tragik und vor allem die bestialische Skrupellosigkeit und das Schicksal Leona´s hautnah erleben.

Schauplätze:
Die Schauplätze sind hier sehr vielfältig, stehen jedoch nicht stark im Fokus. Hier verschwendet die Autorin nur so viel Energie wie nötig, aber so wenig wie möglich drauf. Zwar besitzt das Buch skandinavischen Touch, ist aber nicht der typische und klischeehafte Schweden-Thriller. Da dieser Thriller absolut eindringlich ist, bewegen wir Leser uns auch sehr nah und intensiv in den verkorksten Gehirnwindungen und Handlungen der Protagonisten. Auch hier weiß es die Autorin zu glänzen und gibt mit nur wenigen schlagkräftigen Umschreibungen ein genaues Bild der Orte und Umgebung. Gewürzt werden die Handlungsorte mit einer Brise Schock und bitterer Wahrheit. Zudem nutzt die Autorin ein geschicktes Werkzeug, indem sie die Emotionen und Orte mit Anekdoten und Begebenheiten untermalt. Kranke Seelen, verkorkste Kindheit und skrupellose Morde…

Meinung:
Trotz dieser atemberaubenden Faszination und Begeisterung hatte dieses unglaublich intensive und andersartige Werk auch einige Schwächen, die ich trotz der 4 Sterne Bewertung nicht verschweigen möchte.
Ich beginne mal mit meinen kleinen Mankos, damit ich später die vielen Vorzüge nennen kann und diese dem Leser hoffentlich besser in Erinnerung bleiben, denn dieses Buch ist trotz allem ein 4 Sterne Thriller!
* Überraschend und auch teils sehr schwierig für mich als Leser ist es, direkt ins Geschehen geworfen zu werden und anfangs gar nicht zu wissen, was die Hintergründe sind und wo das Buch eigentlich hin will.
* der harte und derbe Verlauf der Entwicklung des Geschehens ist schon arg harter Tobak und die lange Unwissenheit ist gewöhnungsbedürftig, passt aber absolut zum Charakter, zu den Umständen und zum Leben Leona Lindbergs.
* Die Spannungsspitzen sind sehr flach und nicht herausragend. Der Nervenkitzel rührt hier woanders her. Aber das muss man wollen und mögen um Gefallen am Buch zu finden.
* Stellenweise hatte ich den Eindruck, dass das Buch doch gegen Ende sehr gekürzt wurde. Hier passiert so enorm viel in so kurzer Zeit, da hätte man locker noch etliche Seiten füllen können, damit es nicht so überstürzt und übereilt wirkt. Macht jedoch neugierig auf eine Fortsetzung.
* Der Showdown bringt dann leider nicht alle Puzzleteile zusammen, und wirkt daher viel zu offen und lässt den Leser doch sehr unbefriedigt zurück.

Wie man liest, haben all diese Schwächen für mich persönlich aber auch ein Gutes, von daher erreicht das Buch die fast volle Punktzahl, da ich sehr begeistert bin.
* Ich durfte Neuland betreten und war durch eine unglaubliche Charakterstudie vom eigentlichen Fall stark abgelenkt, ohne dass es mich gestört hätte.
* Mir gefällt der Bezug und die Einblicke in die gegebenen Umstände und welche Psychogramme daraus enstehen.
* Der anfangs fremde derbe Ton erweist sich als richtiger Schlager für diesen Thriller
* Ich bewundere den Schreibstil, die Ideen, die Recherche, die bildhafte Kulisse, das Dunkle und Wahnhaftige. ...Genau meine Wellenlänge.
* Ich durfte bis zur Verzweiflung miträtseln und war leibhaftig mitten im Geschehen!
* Leona Lindberg wird zu einer Legende und ihre Geschichte geht schon sehr nahe, ohne dass ich Sympathien für Leona entwickeln konnte!

Dieser (Psycho-)Thriller verdient es gelobt zu werden!!!! Und ich frage mich: wie ist es der Autorin gelungen, nie den Faden aus den Augen zu verlieren? Sie überzeugt mit einer Genialität, Brutalität, Abartigkeit, Nervenkitzel und einer ernsten Botschaft.
Ich jedenfalls bin absolut fasziniert, mit welchen Dreh die Autorin die Szenerie in mehrere Handlungsstränge abarbeitet und am Ende den Leser verblüfft aber offen für eine Fortsetzung zurücklässt. Das Buch zog mich von Beginn an in das Geschehen und ich konnte es ungern aus der Hand legen. Faszination, Empörung, Leid und Neugier packen den Leser und fesseln ihn an die Ereignisse. Angst, Panik, Hoffnung, Ratlosigkeit, Mutmaßungen, bizarre Wendungen, Verblüffung, rasante Action, Tragik und Dramatik, Atemlosigkeit, Spannung auf dem Höhepunkt....Es gibt vieles zu nennen, was für dieses Buch spricht, aber auch noch viele Schwächen, an denen die Autorin feilen könnte.

Cover / Buch:
Das Cover, so besonders wie das ganze Buch. Sehr speziell, einfach anders, aber gekonnt abgestimmt. Die Covereindrücke werden dem Leser im Buch noch mehrfach begegnen. Das Schriftbild ermöglicht ein einfaches Lesen, die Kapitel sind von angenehmer Länge.

Die Autorin:
„Jenny Rogneby wurde 1974 in Äthiopien geboren und als Einjährige zur Adoption freigegeben. Sie wuchs im Norden von Schweden auf, wo ihre Adoptiveltern früh ihr musikalisches Talent entdeckten.
Jenny Rogneby machte Karriere als Sängerin und stand u.a. mit Michael Jackson auf der Bühne. Sie studierte Kriminologie und arbeitete als Ermittlerin bei der Stockholmer Polizei. Über ihre Arbeit kam ihr die Idee für die Figur der Leona.
Der erste Band der Trilogie wurde auf Anhieb ein Bestseller und wird in zehn Ländern erscheinen.“

Fazit:
Da mir der Thriller durchweg, trotz vorhandener Schwächen, beeindruckend gut gefallen hat und ich das Buch guten Gewissens weiter empfehlen kann, verdient es 4 Sterne mit Thriller-Leseempfehlung!

Autor: Jenny Rogneby
Buch: Leona - Die Würfel sind gefallen

rokat

vor 4 Wochen

Klingt sehr spannend... Muss ich mir mal genauer anschauen!

parden

vor 4 Wochen

Klingt interessant - in jedem Fall mal was anderes!

Arun

vor 4 Wochen

Kommt auf meine Liste.

Janosch79

vor 4 Wochen

Starke Rezension! Ich werde mir das Buch in jedem Fall merken.

Meteorit

vor 4 Wochen

Gute Rezension, spricht mich aber nicht so an!

NiWa

vor 4 Wochen

Jetzt hast du mein Interesse geweckt.

Mrs_Nanny_Ogg

vor 4 Wochen

Dsa ist wohl ein Buch, das man sich merken muss. Heftige Thriller sind zwar nicht so mein Ding, aber deine Rezi hat mich neugierig gemacht.

KruemelGizmo

vor 4 Wochen

Werde ich mir direkt mal vormerken.

clary999

vor 3 Wochen

Hier werde ich wieder neugierig!

Cridilla

vor 2 Wochen

Ich bin sehr neugierig geworden!

SalanderLisbeth

vor 6 Tagen

Deine Rezi macht neugierig. Werde ich mir mal näher ansehen.

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