"Fesselnder kann Fantasy nicht sein! Barclay ist ein magischer Geschichtenerzähler!" (Stan Nicholls)
"Das ist die Fantasy der Zukunft: Kraftvoll, spannend und mit unvergesslichen Charakteren. James Barclay schreibt Bücher, die man immer wieder lesen will!" (David Gemmell)
Über den Autor und weitere Mitwirkende
James Barclay wurde 1965 in Suffolk geboren. Er begeisterte er sich früh für Fantasy-Literatur und begann bereits mit dreizehn Jahren, die ersten eigenen Geschichten zu schreiben. Nach seinem Abschluss in Kommunikationswissenschaften besuchte Barclay eine Schauspielschule in London, entschied sich dann aber gegen eine Bühnenkarriere. Seit dem sensationellen Erfolg seiner "Chroniken des Raben" konzentriert er sich ganz auf das Schreiben. James Barclay lebt mit seiner Lebensgefährtin in Barnes, England.
Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten.
Personenverzeichnis
DER RABE
Hirad Coldheart, Barbarenkrieger | Der Unbekannte Krieger | Ilkar, Magier aus Julatsa | Denser, Magier aus Xetesk | Erienne, Magierin aus Dordover |
DIE KOLLEGIEN
Dystran, Herr vom Berge, Xetesk | Vuldaroq, Herr des Turms, Dordover | Heryst, Lordältester Magier, Lystern | Sytkan, Lordmagier, Xetesk | Ry Darrick, General | Kavallerie von Lystern | Aeb, ein Protektor | Lyanna, Eriennes Tochter |
SOLDATEN, SEELEUTE UND GRAFEN
Ren’erei, Gilde der Drech | Tryuun, Gilde der Drech | Jasto Arlen, Graf von Arlen | Selik, Hauptmann der Schwarzen Schwingen | Jevin, Kapitän der Calaianische Sonne |
DIE AL-DRECHAR
Ephemere | Cleress | Myriell | Aviana |
DIE KAAN
Sha-Kaan, der Große Kaan | Hyn-Kaan | Nos-Kaan |
Wenn die Unschuld den Elementen befiehlt
Und das Land bedrückt und zerrissen liegt,
Dann soll die Spaltung überwunden werden,
Und aus dem Chaos soll sich das Eine erheben,
Das niemand mehr besiegt.
TINJATA, ERZMAGIER VON DORDOVER
Prolog
Jarrin fischte schon sein ganzes Leben lang in den Gewässern nördlich von Sunatas Zähnen. Er kannte die tückischen Gezeiten und die Launenhaftigkeit des Windes genau. Und er wusste die Einsamkeit zu schätzen. Er ließ seine Leinen und Reusen in einer geschützten Bucht ins tiefe Wasser hinab, und dann begann die wundervolle Wartezeit. Das war die Zeit, die er besonders genoss. Er streckte sich auf den Decksplanken seines achtzehn Fuß langen Fischkutters aus; das Segel war am Mast festgezurrt, und das Boot wiegte sich sanft in der Dünung.
Jarrin zog den Stöpsel aus seiner Flasche, in der er mit Wasser verdünnten Wein mitgebracht hatte, und entschied sich für ein dickes Schinkenbrot, das er im Rucksack fand. Er legte es neben sich auf die Bank und betrachtete den wundervollen, mit Wolken getupften blauen Himmel. An einem Tag wie diesem konnte er sich nicht vorstellen, dass es ein besseres Leben gab als seines.
Er musste wohl eine Weile eingeschlummert sein, denn als er erschrocken wieder auffuhr, spürte er, dass sich das Boot auf eine eigenartige Weise unter ihm bewegte, und die Sonne war inzwischen ein Stückchen weitergewandert. Irgendetwas störte den makellosen Tag, ein fernes Dröhnen durchbrach die Ruhe.
Jarrin stemmte sich auf die Ellenbogen hoch, neigte den Kopf zur Seite und steckte sich einen Finger ins linke Ohr. Er konnte keinen einzigen Vogel hören. Im Lauf der Jahre hatte er sich so sehr an die Möwen gewöhnt, die über ihm kreisten oder nach einem guten Fang sein Boot verfolgten, dass er ihre heiseren Schreie kaum noch bewusst wahrnahm. Jetzt aber machte ihn ihr Schweigen nervös. Die Tiere konnten viele Dinge spüren.
Inzwischen war er völlig wach. Der Himmel droben war immer noch schön, aber die Luft roch nach Regen. Das Meer zog das Boot nach draußen, obwohl ihn eigentlich die Flut zum Land drücken sollte. Und dieses Dröhnen, das von Sunatas Zähnen zu kommen schien, war ein unirdisches, beängstigendes Geräusch, das ihm den Magen umdrehte.
Er runzelte die Stirn und setzte sich aufs Dollbord. Sein Blick blieb an einer Bewegung draußen auf dem Meer hängen. Er erstarrte vor Schreck.
Mit unglaublicher Geschwindigkeit näherte sich eine Wand aus Wasser, hinter der eine dunkle, schwere Wolkendecke heranwehte. So weit sein Auge reichte, erstreckte sich die riesige Welle quer durch die ganze Bucht, ein Ehrfurcht gebietendes, gewaltiges Gebirge aus Wasser mit Gipfeln aus weißem Schaum.
Jarrin starrte und starrte. Er hätte versuchen können, den Anker zu lichten, das Segel zu setzen und zum Strand zu fliehen, doch das wäre vergebens gewesen. Die Welle musste mehr als hundert Fuß hoch sein. Vor ihr konnte man nicht weglaufen. Er konnte nur noch darauf warten, dass er an die Felsküste geschmettert wurde und starb.
Jarrin hatte sich einst geschworen, er werde seinem Tod ins Auge blicken. So stand er auf, sang ein Gebet an den Geist, bat um sichere Überfahrt ins Reich der Ahnen und betrachtete die Pracht der übermächtigen Natur, bis die Wassermassen über ihm zusammenschlugen.
Erstes Kapitel
Die geschlossene Kutsche rumpelte am Westrand des Dornenwaldes auf einem überwucherten Weg mit tief ausgefahrenen Rinnen in Richtung der Varhawk-Klippen dahin. Bretter knarrten, Räder rumpelten über Steine, die Eisenbolzen stöhnten in den Verankerungen. Der Kutscher trieb die beiden Pferde mit Zügelschnalzen und aufmunternden Rufen an, und gehorsam zogen sie ihre schwankende Last mit viel zu hoher Geschwindigkeit. Es konnte nur ein schlimmes Ende nehmen.
Aber noch war es nicht so weit.
Bei jedem Buckel auf dem Weg, der ihm das Hinterteil durchschüttelte, drehte sich der Kutscher um. Trotz der Staubwolke, die das Gespann aufwirbelte, konnte er sehen, wie sie sich näherten. Sechs Männer zu Pferd, die ihn bald einholen würden. Durch das Gelände, das die Räder der Kutsche so sehr beanspruchte, wurden sie kaum behindert.
Schon den halben Tag hatte er die Verfolger beobachten können. Mit seinen scharfen Augen hatte er die Männer bald bemerkt, kaum dass sie die Verfolgung aufgenommen hatten. Zuerst hatte er die Pferde noch nicht galoppieren lassen, doch als der Nachmitttag sich dahinzog, wurde deutlich, dass die Verfolger ihre Pferde zu Tode hetzen würden, um die Kutsche einzuholen. Überrascht war er nicht. Was die Verfolger im Wagen zu finden hofften, war mehr wert als das Leben einiger Gäule.
Er lächelte, drehte sich wieder zum Weg um und ließ die Zügel knallen. Über ihm zogen sich Wolken zusammen, und der schöne Tag ging allmählich in die Abenddämmerung über. Er kratzte sich am Kinn und betrachtete die Pferde. Der Schweiß lief ihnen in Strömen über die Flanken, unter den Ledergurten bildete sich Schaum. Ihre Köpfe nickten, als er sie antrieb, sie hatten die Augen weit aufgerissen und die Ohren flach angelegt.
»Gut gemacht«, lobte er sie. Sie hatten ihm die Zeit verschafft, die er brauchte.
Wieder sah er sich um. Die Verfolger waren schon bis auf hundert Schritt herangekommen. Ein dumpfer Knall verriet ihm, dass der erste Pfeil den Wagen getroffen hatte. Er atmete tief durch. Jetzt oder nie.
Er bückte sich, ließ die Zügel fallen und sprang auf den Rücken des rechten Pferds. Unter den Händen und durch seine Beine spürte er die Hitze des Tiers, und er hörte das angestrengte Schnaufen.
»Ruhig«, sagte er. »Ganz ruhig.«
Er klopfte dem Pferd auf den Hals und zog seinen Dolch. Die Klinge war gut geschärft, und mit einem schnellen Schnitt durchtrennte er die langen Zügel. Ein zweiter Schnitt, und der Ledergurt, mit dem das Pferd an die Deichsel gebunden war, fiel herunter. Er trat dem Tier die Hacken in die Flanke und ließ es nach rechts abschwenken, fort von der Kutsche, die, jetzt nur noch von einem Pferd gezogen, deutlich langsamer wurde und nach links abbog. Er betete, dass sie nicht umkippte.
Er nahm die Reitzügel, die vorn im Zaumzeug festgesteckt waren, kämpfte kurz um die Kontrolle über das Tier und beugte sich dicht über seinen Hals. Jetzt kam es nur noch darauf an, sich möglichst schnell von der Kutsche zu entfernen. Als er die Rufe hinter sich hörte, zügelte er das Pferd und drehte sich um.
Die Feinde hatten die Kutsche eingeholt und die Türen geöffnet. Die Reiter umkreisten sie, stießen wütende Rufe aus und gaben sich gegenseitig die Schuld. Er wusste, dass sie ihn sehen konnten, doch er war ihnen gleichgültig. Sie würden ihn nicht weiter verfolgen. Wichtig war nur, dass er sie von ihrer Beute weggelockt hatte. Sie hatten einen halben Tag lang eine leere Kutsche verfolgt. Nun konnten sie nicht mehr finden, was sie suchten.
Doch er durfte sich nicht zu früh freuen. Die sechs hier waren...