Rezension 2009

Heinz Gappmayr, auswahl. Mit einem Nachwort von Markus Klammer
Wien und Bozen: Folio Verlag 2009

Das neue Buch mit Texten von Heinz Gappmayr misst 9,6 x 14,8 cm, ist 320 Seiten stark und damit kein Leichtgewicht. Es ist ein zugegeben kleines, aber doch kein geringes Buch, weil es trotz des Formats die mögliche Größe seiner Texte nicht reduziert. In Bregenz zum Beispiel steht, was in diesem Büchlein auf Seite 45 zu lesen ist, im Zentrum der Stadt, auf der Hausfassade Rathausstraße 27: eine Zahl in riesengroßer Schrift. Es ist die Maßangabe „0,0000000001 mm“. Der „Schriftbildner“ (die Wortprägung stammt von Felix Philipp Ingold) Heinz Gappmayr hat sie 1997 auf dort hingemalt. Im Büchlein wiederum wirkt das kleine Zahlenmotiv nicht minder groß, und praktischerweise stehen Werkverzeichnisnummer und Entstehungsjahr gleich dabei – auf der linken Seite nämlich (WVZ. 273 / 1972). So geht das über die gesamten 300 Seiten mit den Textmotiven des Heinz Gappmayr: links die Daten, rechts die Taten.
Gappmayrs Tätigkeit wird in dieser repräsentativen Auswahl mit Arbeiten aus 1961 bis 2009 dokumentiert, anschließend von Markus Klammer kenntnisreich kommentiert und vollständig bibliografiert. Ad personam wird man weiterhin nicht mehr wissen, als Gappmayr selbst in einem Dreizeiler von sich verraten hat: „H.G. / geb. 1925 in Innsbruck / lebt in Innsbruck.“
Dem bleibt weiter nichts hinzuzufügen, außer vielleicht drei Kleinigkeiten:
1. Sein Blatt „LINIEN” (2008, im Original 50 x 70 cm, Bleistift auf Papier, hier im Buch auf Seite 291) wurde im Juli 2009 anlässlich der Benefiz-Ausstellung für den subventionsgekürzten Innsbrucker Kunstraum um EUR 3.000 angeboten.
2. Im Conrady (2000), dem „großen deutschen Gedichtbuch“, kommt Heinz Gappmayr dort, wo es konkret wird, wo Wörter buchstabiert werden, wo Poesie visuell wird, nun auch vor.
3. Ich habe bei mir zuhause noch so ein Büchlein im Format 9,6 x 14,8 cm. Es heißt „Kishon für Eilige“. Man muss also noch einmal betonen: Dieser Auswahlband ist kein Gappmayr für Eilige. Ganz im Gegenteil: Es ist ein Gappmayr für Entschleunige, der mit jeder Buchseite ans Verweilen appelliert.

Bernhard Sandbichler