Hier gehts direkt zu den Ergebnissen – und hier zur Stimmabgabe
Wahrscheinlich wissen die meisten Menschen gar nicht, was sich hinter dem seltsamen Begriff “Exit-Poll” verbirgt. Es geht dabei nicht um eine Abstimmung, wann man am besten das Zeitliche segnen sollte, sondern um die Befragung von Wählern beim Verlassen (= Exit) des Wahllokals. Die dabei erhobenen Daten werden verwendet, um Hochrechnungen zu erstellen, die dann in den ersten Betaversionen bereits in der Mittagszeit den Parteien zur Verfügung gestellt werden. Damit sie bei einem unerwarteten Wahldebakel schnell noch den Champagner abbestellen und stattdessen Mineralwasser ordern können.
Durch Social Media-Anwendungen wie Twitter oder Facebook, auf denen man in Echtzeit Nachrichten verbreiten kann, befürchten die Politiker, dass diese Vorabergebnisse nicht mehr unter Verschluss gehalten werden können, sondern von übereifrigen Kommunikatoren ausgeplaudert werden könnten (die Erinnerungen an die Wahl des Bundespräsidenten sind noch zu frisch). Das bedeutet zum einen, dass ein Informationsmonopol verschwindet und zum anderen, dass diese Zahlen verwendet werden könnten, um am Wahlabend noch verstärkt zu mobilisieren.
Beides – Transparenz und eine höhere Wahlbeteiligung – scheint nicht besonders im Interesse der Parteien zu liegen, und deshalb werden jetzt die ersten Pläne geschmiedet, wie man diese Twitterer stoppen könnte. Der Bundeswahlleiter lässt sich zitieren mit den Worten: “Es wäre der GAU, wenn die Wählerbefragungen vor Schließung der Wahllokale öffentlich bekannt würden”. Darüber, anstelle des Twitterns darüber kurzerhand die Exit-Polls abzuschaffen und mit der Bekanntgabe der ersten Zahlen einfach zu warten, bis diese aus den Wahllokalen vorliegen, scheint niemand nachzudenken. Schließlich sind diese Daten die einzigen verfügbaren Daten darüber, welche soziodemographischen Gruppen wie gewählt haben und welche Wählerwanderungen es gegeben hat.
Vielleicht wäre es aber sinnvoll, beides zusammenzubringen: Twitter und Wählerbefragungen. Nach einer kurzen Diskussion auf Twitter entstand die Idee, ein auf Twitter basierendes “Enter-Poll-System” ins Leben zu rufen. Ich stelle mir das so vor: Jeder Twitterer hat genau eine Stimme, die er vor dem Wahltag einer Partei seiner Wahl geben kann. Die Authentifizierung bei Twitter (über OAuth, d.h. es werden keine Passwörter übertragen) stellt sicher, dass jeder Twitternick nur einmal abstimmen kann. Dadurch, dass die bereits abgestimmten Twitternicks und die eigentlichen Wahldaten in unterschiedlichen Datenbanktabellen abgespeichert werden, können beide Informationen nicht miteinander verknüpft werden. Die virtuelle Stimmabgabe ist also anonym.
Da mit der Wahlentscheidung auch die Wahlentscheidung der letzten Bundestagswahl abgefragt wird, können anschließend Auswertungen über die Wählerwanderungen getroffen werden. Und die soziodemographischen Merkmale erlauben zudem eine Segmentierung nach Alter und Geschlecht.
Der Betatest beginnt genau … jetzt.
[UPDATE, 17:33] Das Tool darf natürlich am Wahltag selbst bis 18:00 keine Ergebnisse veröffentlichen, da dies laut BWahlG eine Ordnungswidrigkeit darstellen würde, die mit bis zu 50.000 EUR Geldbuße geahndet werden kann.
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