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Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher

Die Buchbalz – eine Weihnachtsgeschichte

von konecny

Schon mit vier war ich ein Dauergast in der Bibliothek – in der Bücherei unseres nordmährischen Städtchens. Während meine Mutter und die junge Bibliothekarin hinter einem Bücherregal türkischen Kaffee schlürften, spielte ich auf den knarrenden Holzdielen. So hatten mich die Frauen ständig unter Kontrolle und konnten gemütlich über die neuen Krimis palavern – Mord und Totschlag – oder auch über meine Erziehung – damit mir selbst der Galgen erspart bliebe! Klar zogen mich die Bücherregale magisch an. Durch die Lücke zwischen den Büchern konnte ich die nackten Beine der Bibliothekarin beglotzen – Buch- und Beinblick – als mochten mir die langen Frauenbeine aus den grauen sozialistischen Röcken ragend den Weg in die Zukunft weisen! Doch ich wollte noch nicht in die Zukunft blicken, ich wollte hinauf zu den Sternen fliegen, nach oben ins Regal, zu diesem wunderschönen Buchdeckel, von wo mich vor dem Hintergrund eines Nachthimmels ein schreckliches Alien anstarrte. Immer wenn ich aber ganz oben war, kurz vor dem Ziel, und meine Hand nach dem grandiosen Buch streckte, sprang die Bibliothekarin von ihrem Stuhl auf, lief auf ihren langen Beinen um die Regale herum, mächtige Hände schnappten mich und zerrten mich wieder nach unten. „Das ist ein Buch für Erwachsene, Kleiner!“, sagte sie. So wurde für mich jede Frau mit Buch zu einer „höheren Gewalt“, die dich immer wieder von deiner Wanderung zu den Sternen runter holen und ganz klein machen kann. Übergöttinen!
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17. December 2007

Das Gute hinter der nächsten Ecke

von lesartige
Was Jugendliche über das Buch denken:

Leseeindruck von Cora-Lou Kutsch
(12 Jahre)

Im Buch geht es um den 11jährigen Achse, der gemeinsam mit seiner Schwester von seiner Mutter bei den Großeltern zurückgelassen wird. Als einziger in der Familie glaubt er daran, dass sie zurückkommen wird und wartet auf einen Brief von ihr. Doch der Brief kommt nie, stattdessen schickt die Mutter nur Geld. Achse erzählt, wie er mit Hilfe von einer Kamera und einer Kiste alter Fotos in seine Vergangenheit eintaucht und ihn die Hoffnung auf die Rückkehr seiner Mutter nicht loslässt. Dass es um Fotografie bzw. Fotos geht, habe ich schon am Buchumschlag gesehen. Er zeigt ein zerrissenes und wiederzusammengesetztes Foto. Darauf ist ein kleiner Junge zusehen, der von jemandem in die Luft geworden wird. Von wem, ist nicht zu erkennen, denn ausgerechnet dieser Schnipsel fehlt. Hier ist die Abwesenheit der Eltern, von der in der Geschichte erzählt wird, schon abgebildet.
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10. December 2007

Gorki, Revolutionär und Pragmatiker

von wietek

Bis zu Gorkis Rückkehr nach Russland (Ende 1913) kann man Gorki als revolutionär-romantischen Schriftsteller bezeichnen, auch wenn er sich zwangsläufig viel mit Politik beschäftigte. Ab 1914 – mit Beginn des Ersten Weltkrieges, dessen Übergang in die Revolution und die Etablierung des russisch-sozialistischen Staates – wurden die Verhältnisse in Russland verworren, und auch die Haltung Gorkis, der ab jetzt aktiv am politischen Geschehen teilnimmt, wird undurchschaubarer und scheinbar widersprüchlich.
 
Diese Widersprüchlichkeit hat seinem Ansehen als Mensch und Schriftsteller in den westlich orientierten Ländern schweren Schaden zugefügt; in den sozialistischen Ländern – die sich allerdings nur das aus Gorkis Schaffen herauspickten, was ihnen genehm war – wurde er zu einer Ikone des Sozialismus und Kommunismus hochstilisiert. Es gibt einige gute und objektive Biografien über Gorki wie »Geir KjetsaaMaxim Gorki. Eine Biographie“, 1994« oder »Henri TroyatGorki, Sturmvogel der Revolution“ 1987« und neue Erkenntnisse (zu lesen bei Armin Knigges »www.der-unbekannte-gorki.de«), weshalb ich hier nur auf einige markante Daten eingehen werde, die die Person Gorki und sein Schaffen etwas durchschaubarer machen sollen. Völlig aufzuklären wird auch hier nicht möglich sein, schon allein weil viele Faktoren eine Rolle spielen: Die persönliche (emotional und wirtschaftliche) Situation Gorkis, menschliche Beziehungen (zu seiner Ex-Frau und seinem abgöttisch geliebten Sohn), die sich rasant verändernde politische Situation in Europa (z.B. Gegenrevolution durch die Weißen mit Hilfe des Auslands, Aufkommen des Faschismus), die sich täglich, ja stündlich ändernden Meldungen und Falschmeldungen in höchst emotionalen und explosiven Situationen und und und. Ich will es dennoch versuchen.
 
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3. December 2007