Der Bibliothekar auf Schatzsuche
von buch_und_mausMeine Lieblingsberufe waren Missionar, Entwicklungshelfer und
– Bibliothekar. Nicht, dass sie etwas miteinander zu tun
hätten, denn ein Bibliothekar bewegt sich in halbdunklen,
totenstillen Räumen, während sich die anderen beiden Berufe
dem Abenteuer in der weiten Welt verschreiben. Aber
vielleicht sind diese gegensätzlichen Interessen der Grund
dafür, dass immer wieder Bücher wie dieses meine
Aufmerksamkeit auf sich ziehen: «Mit Schweizern rund um die
Erde».
Der Herausgeber Fritz Aebli war eine Lichtgestalt der
Schweizer Kindersachliteratur: 1895 in Hamburg als Sohn eines
Auslandschweizers geboren, schrieb er 54 deutschsprachige
Hefte für das SJW (Schweizerisches Jugendschriftenwerk)und war dort von 1937 bis 1970 Chefredaktor.
«Mit Schweizern rund um die Erde» erschien 1936. Spannende
Erlebnisse von Schweizer Missionaren, Krankenschwestern,
Lehrern und anderen Berufsleuten auf vier Kontinenten sowie
auf den Weltmeeren werden hier beschrieben. Die Geschichten
führen von Zimbabwe bis Chile, von Abessinien nach Wyoming in
den amerikanischen Westen. Immer schwebt ein
unschweizerischer Pioniergeist mit, und Neugier auf die weite
Welt lockten wohl die Jugendlichen. Eine Abenteuerlust aufs
Fremde, die man heutzutage in der Schweiz oft so vermisst,
spiegelt sich in diesem Buch. Der Bibliothekar träumt davon,
in eins dieser Abenteuer verwickelt zu sein in N’Djiole, Addis
Abeba oder Hing Ning. Doch kaum ist das Buch wieder
zugeklappt, wird aus dem gutherzigen Missionar der
1930er-Jahre wieder ein Jäger nach verlorenen Schätzen in
den Bücherregalen der Gegenwart.
Roger Meier
Literatur
Fritz Aebli: Mit Schweizern rund um die Erde (Aarau: Sauerländer 1936.)
Dieses Buch ist nur noch antiquarisch erhältlich.
Die Besprechung wird auch in “Buch&Maus”, dem Kinder- und Jugendbuchmagazin des Schweizerischen Instituts für Kinder und Jugendmedien (www.sikjm.ch) veröffentlicht.
25. October 2010