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Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher

21. Antiquaria-Preis für Buchkultur 2015

von ZVAB

Zum 21. Mal wird der mit 8.000 Euro dotierte Antiquaria-Preis für Buchkultur im Rahmen der Antiquaria am 22. Januar 2015 vergeben.

Eingereicht werden können Vorschläge zum gesamten Spektrum Buchkultur wie z.B. Buchrestaurierung, wissenschaftliche Arbeiten, Buchkunst, Buch- und Schriftgraphik, Verlagswesen / verlegerische Leistungen, Buchgeschichte, Ausstellungen, Pflege von Sammlungen, Projekte und Aktionen zur Förderung des Buches.

Der Vorschlag sollte eine kurze Begründung enthalten (max eine DIN A 4 Seite). Angaben zu weiterführenden Links im Internet, über die ausführliche Informationen eingeholt werden können, sind hilfreich.

Für weitere Informationen: www.antiquaria-preis.de

Vorschläge können bis zum 30. Juli 2014 eingereicht werden, wenn möglich per E-Mail an: petrabewer@t-online.de

22. May 2014

Die Erschaffung der Welt – Ausstellung im Jüdischen Museum Berlin

von ZVAB

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Vom 04. April bis 03. August 2014 präsentiert das Jüdische Museum in Berlin eine der weltweit wichtigsten Privatsammlungen hebräischer Manuskripte. Die einzigartigen Stücke sind Teil der “Braginsky Collection”, die bereits in Amsterdam, New York, Jerusalem und Zürich ausgestellt wurde. Die hebräischen Schriftstücke wurden in einem Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten von dem Unternehmer und Investor René Braginsky zusammengetragen.

Unter den einzigartigen Stücken befinden sich mittelalterliche Schriftstücke, kunstvoll angefertigte Hochzeitsverträge, reich illustrierte Schriftrollen, illuminierte Handschriften und wertvolle Drucke. Das älteste handschriftliche Buch ist Das große Buch der Vorschriften, ein Gesetzeswerk, das aus dem Jahr 1288 stammt. Ein weiteres außergewöhnliches Objekt bildet eine vollständige hebräische Bibel aus dem späten 15. Jahrhundert, die fast unversehrt erhalten ist.

Darüber hinaus vereint die umfassende Sammlung nicht nur bedeutende jüdische Schriftkünstler und Illuminatoren, sondern auch Objekte aus verschiedenen Gebieten des Westens und Ostens. Aufgrund der jahrhundertelangen Verfolgungen ist sie zudem ein kostbares Zeugnis erhaltener hebräischer Schriftstücke und macht auf die Bedeutung der Schrift in der jüdischen Kultur aufmerksam.

Die Ausstellung bietet zum letzten Mal die Gelegenheit die Privatsammlung öffentlich zu sehen, da die Stücke danach in den Privatbesitz Braginskys zurückkehren werden.

Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Programm finden Sie auf der Webseite des Museums.

 

Die Ausstellung in Kürze:

LAUFZEIT: 4. April – 3. August 2014

ORT: Jüdisches Museum Berlin, Lindenstr. 9-14, 10969 Berlin, Altbau 1. OG

EINTRITT: mit dem Museumsticket: 8 €, erm. 3 €

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Esther-Rolle, mit aus Gold gefertigter Hülse, Italien 18. Jahrhundert

20. May 2014

Genies mit Geistesstörung

von ZVAB
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L’ Uomo delinquente

Lev Tolstoj bezeichnete ihn als naiven und beschränkten alten Mann, seine Ansichten verurteilte er als unsinnig und absoluten Tiefpunkt des Denkens. Cesare Lombroso besuchte Tolstoj 1897 auf seinem Gut in Jasnaja Poljana, um an ihm eine seiner Theorien zu prüfen. Der Besuch endete im Streit.

Mit seinem 1876 erstmals veröffentlichten Werk L’Uomo delinquente (dt. Der Verbrecher in anthropologischer, ärztlicher und juristischer Beziehung) widmete Lombroso sich dem Kernstück seiner Theorien und begründete damit den kriminalanthropologischen Diskurs. Seine Theorie vom „geborenen Verbrecher“ beeinflusste maßgeblich den Kriminaldiskurs des 19. Jahrhunderts, war jedoch von Anfang an umstritten. So teilte er nach jener Theorie die Verbrecher anhand körperlicher Merkmale in verschiedene Typen ein. Der Kriminelle erscheint als biologisch determiniert, der Möglichkeit beraubt, sein eigenes Schicksal zu wählen. Indem er die körperlichen Merkmalen von Affen, Wilden und primitiven Völkern mit jenen von Verbrechern verglich, glaubte er einen Beweis für ihre zivilisatorische Unterentwicklung gefunden zu haben.

1872 erscheint sein Genio e follia (dt. Genie und Irrsinn), in dem er die Position vertritt, dass Genie mit Wahnsinn gleichzusetzen sei und sich biologisch im Grunde nicht von der kriminellen Disposition unterscheide. Als Beispiele für „Genies mit Geistesstörung“ führt er Schriftsteller wie Dante, Tasso, Rousseau, Hölderlin oder Kleist an und stellt einen Bezug zu klinischen Fällen von Wahnsinn her.

Den 1897 in Moskau stattfindenden 12. Internationalen Medizinischen Kongress nahm Lombroso zum Anlass, jene Theorie über die pathologische Sichtbarkeit des Genies zu testen. Und dies an niemand geringerem als dem größten zeitgenössischen russischen Schriftsteller, Lev Tolstoj. Als Lombroso jedoch auf das Gut kam und Tolstoj von Angesicht zu Angesicht gegenüber stand, fand er nichts körperlich Degeneratives an ihm.

Erst die heftige Diskussion mit Tolstoj änderte Lombrosos Meinung: Tolstoj verwarf Lombrosos Theorie als Unsinn und sprach sich deutlich gegen jede Form der Bestrafung von Verbrechern aus. Eine Ansicht, die wiederum auf wenig Verständnis bei Lombroso traf, sondern die für ihn nur eine Bestätigung dafür darstellte, dass Tolstojs Einstellung einem kranken Verstand entspringen müsse.

Einige Monate nach seinem Besuch überarbeitete Tolstoj sein Werk Auferstehung, von dem zuvor nur ein Entwurf existierte. Tolstoj bezieht sich darin ausdrücklich auf Lombrosos kriminalanthropologische Theorien und lehnt diese als unmoralisch und wenig hilfreich ab. Dem gegenüber setzt er das christliche Prinzip der Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit.

15. May 2014

Ein vergessener Klassiker und Kultbuch der Dekadenz

von ZVAB

In Oscar Wildes berühmten Roman Das Bildnis des Dorian Gray ist es ein Buch mit gelbem Umschlag und verderblichem Einfluss, welches den Protagonisten zu einem unmoralischen und ausschweifenden Leben inspiriert und welches als Anspielung auf DAS Kultbuch der Dekadenz gedeutet wird. Die Rede ist von dem Roman À Rebours (dt.: Gegen den Strich) des französischen Schriftstellers Joris-Karl Huysmans, das nicht nur von Wilde, sondern auch von Vertretern des Naturalismus, Symbolismus und der L’art pour l’art bewundert wurde. Stéphane Mallarmé widmete dem Protagonisten sogar ein Gedicht.

In dem 1884 publizierten und handlungsarmen Roman geht es um den exzentrischen französischen Adeligen Jean Floressas Des Esseintes. Dieser zieht sich, enttäuscht von der Gesellschaft und unfähig zu menschlichen Kontakten, in sein Haus zurück, welches, seinen Vorstellungen entsprechend, extravagant ausgestattet ist. Er berauscht sich an der von ihm kreierten artifiziellen Welt und zieht das Künstliche dem Natürlichen vor.

Zu seiner exzentrischen Sammlung gehören u. a. erlesene Ausgaben antiker, frühchristlicher und mittelalterlicher Autoren sowie exotische Pflanzen, die ein Vermögen kosten. Seine bevorzugten literarischen Werke stammen von Flaubert, Poe und Baudelaire. Stellvertretend für die zerstörerische Wirkung seines Lebensstils steht die von ihm angeschaffte Riesenschildkröte, deren Panzer er mit Gold und Edelsteinen derart verziert, dass sie daran stirbt. Und auch sein eigener Gesundheitszustand verschlechtert sich in Folge seiner Lebensart zunehmend, sodass er am Ende des Romans vom Arzt dazu gezwungen wird, in die Gesellschaft zurückzukehren.

Huysmans verkörpert in seiner Figur den Décadent seiner Zeit, jenes Ich-bezogene Individuum, das vor der unerträglichen Realität flieht, indem es sich der Kunst zuwendet. Der Gesellschaft steht es ablehnend gegenüber, eine Haltung, die Des Esseintes am Ende des Romans mit dem Ausruf ausdrückt: “Brich zusammen, Gesellschaft! Stirb, alte Welt!” Während Wildes Figur Dorian Gray seine Ausschweifungen mit dem Leben bezahlt, ist Des Esseintes dazu verdammt, in die verhasste Gesellschaft zurückzukehren.

Mit À Rebours hat Huysmans ein Werk geschaffen, dass ihm zweifelsohne einen besonderen Platz in der Literaturgeschichte verschafft hat. Damals wie auch heute ist es jedoch eher ein Roman, der sich der breiten Masse entzieht und für einen ausgewählten Leserkreis gedacht ist.

6. May 2014