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Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher

Für diese Pilze ist immer Saison!

von ZVAB

Teatrum-Fungorum-1

Eines der frühesten Standardwerke über essbare und giftige Pilze wurde in den vergangenen Tagen für 15.900 Euro über ZVAB.com verkauft. Der Käufer erstand eine äußerst seltene Erstausgabe des Theatrum Fungorum oft het tooneel der Campernoelien aus dem Jahr 1675.

Der Autor Frans van Sterbeeck, ein flämischer Priester adliger Herkunft, verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Antwerpen. Während einer chronischen Krankheit begann er, sich für die Botanik zu interessieren, spezialisierte sich auf die Wissenschaft von den Pilzen und wurde dafür schon bald ein anerkannter Fachmann.

Trotz seiner Expertise verließ er sich bei der Illustration des Buches nicht nur auf die eigenen Beobachtungen: Teile des Buches stammen vermutlich aus dem schon 70 Jahre vorher erschienenen Sammelwerk Rariorum Plantarum Historia seines niederländischen Kollegens Charles de l’Écluse.

Das verkaufte Exemplar zieren 36 zum Teil gefaltete Tafeln mit Stichen sowie ein handgeschriebener Titel auf dem Buchrücken. Auf dem schmuckvollen Frontispiz des Buches ist ein Mann – höchstwahrscheinlich van Sterbeeck selbst – zu sehen, wie er einen Pilz aus einem der ihm dargebotenen Körbe wählt.

Teatrum Fungorum

Weitere naturwissenschaftliche oder botanische Werke vergangener Jahrhunderte, für die heute noch großes Interesse besteht, finden sich immer wieder auf der Liste der wertvollsten Buchkäufe über das ZVAB.

29. October 2014

Zwei Schriftsteller empfehlen

von ZVAB

Listen mit Büchern, die man angeblich gelesen haben sollte, gibt es viele. Aber persönliche Buchempfehlungen von bekannten Autoren wie Fitzgerald oder Hemingway bekommt man selten!

Im Jahr 1936 erholte sich F. Scott Fitzgerald in einem Hotel in Asheville, im Bundesstaat North Carolina. 1936 war definitiv nicht sein Jahr: seine finanzielle Lage sowie sein Alkoholproblem hatten sich zunehmend verschlimmert und im Sommer war er in das Schwimmbecken des Hotels gesprungen und hatte sich dabei die Schulter gebrochen. Kurz darauf feuerte er im Hotel einen Revolver ab, woraufhin man ihn unter ständige Aufsicht einer Krankenschwester stellte.

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Dorothy Richardson leistete Fitzgerald nicht nur Gesellschaft, sondern sollte ihn auch vom Trinken abhalten. Der Schriftsteller freundete sich schnell mit der Krankenschwester an und machte es sich zur Aufgabe ihr eine Leseliste der 22 wichtigsten Titel anzufertigen.

Erstaunlich ist, dass sich so gut wie keine literarische Größen (außer Lew Tolstoj und Marcel Proust) auf der Liste wiederfinden, dafür aber heute eher weniger bekannte Autoren wie Norman Douglas oder Arnold Bennett.

Eine weitere sensationelle Geschichte steckt hinter der Leseliste von Fitzgeralds Schriftstellerfreund Ernest Hemingway. 1934 fuhr der 22jährige Arnold Samuelson, der selbst Autor werden wollte, per Anhalter nach Florida, um sein Schriftsteller-Idol zu treffen. Er hatte zuvor Hemingways Kurzgeschichte One Trip Across gelesen, die später in den Roman To Have and Have Not (dt. Haben und Nichthaben) eingehen sollte. Samuelson war von der Erzählung so beeindruckt, dass er beschloss 2,000 Meilen zu reisen, um Hemingways schriftstellerischen Rat einzuholen.

Am Haus des Autors angekommen, schien dieser zunächst alles andere als begeistert zu sein, bat den jungen Mann jedoch – nachdem er den Grund für dessen Reise erfahren hatte – am nächsten Tag wieder zu kommen. Samuelson traf Hemingway – der an diesem Tag Khaki Hosen und Puschen trug – auf seiner Veranda an. Der Autor gab ihm einige Ratschläge zum Schreiben und fragte ihn, welche Schriftsteller er möge und ob er jemals von Lew Tolstoj gehört habe. Als Samuelson dies verneinte, fertigte Hemingway ihm eine Leseliste mit zwei Kurzgeschichten und 14 Romanen an.

Zusätzlich überreichte er ihm eine Sammlung mit Kurzgeschichten von Stephen Crane sowie eine Ausgabe seines Romans A Farewell to Arms (dt. In einem andern Land), den Samuelson in einer Nacht durchlas und ihm bereits am nächsten Tag wiedergab. Aber die Geschichte war noch immer nicht zu Ende. Hemingway machte dem jungen Mann das unerwartete Angebot, sich für einige Zeit um sein Boot zu kümmern und sich gleichzeitig seinen schriftstellerischen Ambitionen zu widmen. Über seine Erfahrungen und Reisen mit Hemingway schrieb Samuelson in seinem Buch With Hemingway: A Year in Key West and Cuba. Während dieser Zeit sprachen sie viel über das Schreiben. Hemingway publizierte einen Bericht ihrer Diskussionen im Esquire mit dem Titel Monologue to the Maestro: A High Seas Letter.
So schön kann das Leben manchmal spielen!

Ebenfalls lohnenswert:

22. October 2014

Ein skurriler Western aus Amerika

von ZVAB

Ein seltsamer Western mit 2 Killern, 2 schönen Frauen und 1 Monster? Klingt komisch? So aber lautet der deutsche Untertitel des Romans Das Hawkline Monster (1974) des US-amerikanischen Schriftstellers Richard Brautigan. Und er hält, was er verspricht.

Die zwei etwas schrulligen Auftragskiller Cameron und Greer werden in einem entlegenen Ort im Westen Oregons von den beiden wunderschönen Hawkline-Schwestern für einen Job engagiert. Sie sollen das Monster erschießen, das unter dem Haus der beiden Frauen lebt und von dem diese glauben, es habe ihren Vater, einen Harvard-Wissenschaftler, getötet. Eine Reihe skurriler Dinge geschehen. Und wie sich am Ende herausstellt, alles nur wegen eines Schirmständers. Alles in allem eine skurril-groteske Handlung, mit Happy-End-Garantie!

Richard Brautigan (1935-1984), Underground-Literat und Kultautor der Hippie-Generation der 60er, schuf mit diesem Werk einen amüsanten Genremix aus Horror-, Western- und Liebesroman. Im englischen Sprachraum wird der Roman auch dem Genre des „Gothic Western“ bzw. „Weird West“ zugeschrieben. Darunter wird eine Mischung zwischen Western und anderen literarischen Genres verstanden, vor allem dem Horror-, Okkult- und Fantasy-Genre.

Für alle, die es etwas exzentrisch, skurril und grotesk mögen und Spaß am spielerischen Umgang mit verschiedenen Gattungen haben, verspricht dieses Werk den ultimativen Lesegenuss!

 

16. October 2014

Wer kriegt ihn diesmal, den Nobelpreis für Literatur?

von ZVAB

In zwei Tagen, am 9. Oktober, ist es wieder so weit, die Schwedische Akademie gibt den diesjährigen Literaturnobelpreisträger bekannt! Und wie jedes Jahr wird wieder eifrig diskutiert, wer den Preis diesmal in Empfang nehmen darf. Auch in diesem Jahr steht der Japaner Haruki Murakami wieder ganz oben auf der Liste. Und auch der seit Jahren als Kandidat gehandelte US-Amerikaner Philip Roth ist wieder dabei.

Seit 1901 wird bereits der Nobelpreis für Literatur vergeben. Nach dem Testament des Preisstifters Alfred Nobel soll mit dem Preis die Person ausgezeichnet werden, die „das Vorzüglichste in idealistischer Richtung geschaffen hat“.

Der Nobelpreis gehört heute zu den wichtigsten Auszeichnungen auf den Gebieten  Physik, Chemie, Medizin, Literatur, und Friedensarbeit und wird jedes Jahr am 10. Dezember, dem Todestag Nobels, verliehen.

 

 
Wusstet Ihr schon?

  • Von 1901-2013 wurden 106 Preise an 110 Preisträger verliehen.
  • Viermal wurde der Preis zwischen zwei Personen aufgeteilt.
  • 13 Preise gingen an Frauen, der erste an die Schwedin Selma Lagerlöf im Jahr 1909.
  • Der jüngste Preisträger war 42 Jahre (Rudyard Kipling).
  • Die älteste Preisträgerin war 88 Jahre (Doris Lessing).
  • Zweimal wurde der Preis abgelehnt: 1958 von Boris Pasternak und 1964 von Jean Paul Sartre.
  • Die meisten Preise gingen an englischsprachige Schriftsteller (27), französischsprachige (13) und deutschsprachige (13).
  • Als Überraschungspreisträger unter den Literaten gilt Winston Churchill, dem viele den Friedensnobelpreis zuschreiben.

 
271 Nominierungen wurden im Februar eingereicht, aus denen eine finale Liste von 210 Namen hervorging. Unter den Top-Favoriten, die in diesem Jahr für den Nobelpreis für Literatur gehandelt werden, sind:

 

Wer ist Euer persönlicher Favorit?

 

7. October 2014

Als die Lesesucht den Menschen krank machte

von ZVAB

Heute würde wohl kaum jemand mehr auf die Idee kommen, dass das Lesen gefährlich sei. Vor knapp 200 Jahren sah dies jedoch noch ganz anders aus. Ende des 18. Jahrhunderts entsprang die sogenannte ‚Lesesucht‘- Debatte, deren Gegenstand die falsche und gefährliche Lektüre war.

Sicher ist die Diskussion darüber, was als richtige oder falsche Lektüre betrachtet werden kann, nicht neu und je nach Epoche unterschiedlich zu bewerten. Im ausgehenden 18. Jahrhundert erreichte diese Debatte jedoch ihren Höhepunkt und konzentrierte sich in dem Begriff „Lesesucht“ (bzw. „Lesewut“), die 1809 durch den deutschen Aufklärer Joachim Heinrich Campe in seinem Wörterbuch folgendermaßen definiert wurde:

„Lesesucht, die Sucht, d.h. die unmäßige, ungeregelte auf Kosten anderer nöthiger Beschäftigungen befriedigte Begierde zu lesen, sich durch Bücherlesen zu vergnügen.”

Anlass dieser Begriffsbildung war der Aufschwung an belletristischen Romanen mit zunehmend unterhaltenden Inhalten, die als Gefahr für Leib und Seele betrachtet wurden. Diese verderbliche Wirkung bezog man vor allem auf Kinder und Frauen, die man als besonders empfindsam und leicht beeinflussbar ansah und die somit zu den hauptsächlichen ‘Betroffenen’ dieses Krankheitsbildes wurden.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurden überwiegend nur religiöse Bücher, Zeitungen und Kalender gelesen, die im Gegensatz zur Unterhaltungsliteratur einen moralischen und lehrreichen Stellenwert besaßen. Und so waren es nicht nur die Vertreter der Kirche, die die Verderbnis der Lesesucht anprangerten, sondern auch fortschrittliche Aufklärer, die das gedruckte Wort als Mittel der moralischen und geistigen Weiterentwicklung ansahen.

Neben Lesebegriffen und Leseverhalten war auch die Herausbildung eines neuen Lesepublikums ein wichtiger Punkt in jener Debatte. Denn immer mehr Frauen fingen an ‘schöngeistige’ Literatur zu lesen, um in den imaginierten Bücherwelten das zu erleben, was ihnen im realen Leben verwehrt blieb. Kritiker sahen die negativen Auswirkungen des Lesens vor allem in der Vernachlässigung häuslicher und erzieherischer Pflichten.

Als prominentes Beispiel einer gefährlichen Lektüre jener Zeit ist der Briefroman Die Leiden des jungen Werther (1774) von Goethe zu nennen, dessen Werk aufgrund seiner fehlenden erzieherischen Absichten kritisiert wurde. Dabei war es sicher wenig hilfreich, dass vor allem viele junge Leser dem Beispiel des Romanhelden folgten und eine regelrechte Selbstmordwelle losgelöst wurde.

Was vor Jahrhunderten eine gängige Kritik war, sorgt heute sicher nur noch für Schmunzeln. Denn wer unter Euch würde sich heute nicht auch als lesesüchtig bezeichnen?

1. October 2014