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Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher

Welttag des Buches: Die Wiener Pop-up Buchmesse in luftigen Höhen

von Larissa Dawirs

Um kurz vor 10 Uhr am Samstagvormittag fand ich mich am Wiener Prater zur Pop-up Buchmesse ein. Nach einer kurzen Begrüßung ging es noch vor allen Touristen zum Einstieg des Riesenrades und nach einigen Minuten Wartezeit trudelte die Gondel Nr. 18 ein. Die Wiener Antiquare Dr. Paul Kainbacher, Peter Truppe, Domenico Jacono und der eigens aus Berlin angereiste Clemens Paulusch hatten bereits ihre Kostbarkeiten zum Thema “Austriaca” in der Gondel ausgelegt.

Um Punkt 10 Uhr hieß es “Bittschön, einsteigen” und ich durfte mit einigen anderen Interessierten auf die erste Fahrt starten. Im Inneren der Gondel gestaltete sich alles wie auf einer Antiquariatsmesse – nur noch etwas enger. Die hübsche Gondel war mit Stehtischen und -stühlen ausgestattet (auch eine Glitzertapete und Stimmungslicht sorgten für eine festliche Atmosphäre), die zur Präsentation der Ausstellungsstücke geschickt umfunktioniert wurden.

Nach einer kurzen Einführung in das Thema Pop-up Buchmesse begann die Vorstellung der Einzelstücke am hinteren Ende der Gondel mit dem Antiquariat Paulusch. Hier fanden sich verschiedene Ansichten und Karten zu Österreich und Wien. Besonders interessant war eine alte Landkarte Österreichs mit farbigen Markierungen, die die Verbreitung der verschiedenen Volkssgruppen im Land darstellte.

Mein persönlicher Favorit war allerdings die seltene, großformatige Stadtansicht Wiens aus dem Jahr 1870/71. Die Lithografie mit Tonplatte von und nach A. Rieger misst 58 x 84 cm und zeigt eine sehr detailgetreue Abbildung der Metropole aus vergangenen Zeiten. Der interessierte Beobachter wurde von Herrn Paulusch an dieser Stelle auf die hier noch unbebauten Bereiche im Stadtzentrum hingewiesen. Dort stehen heute Rathaus, Universität, Hofmuseen und das Parlament.

Anschließend wurden vom Antiquariat Truppe der Blick auf ein Postkutschen-Verzeichnis und eine Sammlung von Photographien gelenkt. Besonderes Highlight war allerdings die Ausgabe der ersten deutschen Übersetzung der 1. Wiener Stadtchronik von 1642.

Die Gondel hatte zu diesem Zeitpunkt den höchsten Punkt der Rundfahrt erreicht und die Präsentation wurde für einen Moment unterbochen, während die Gäste den wunderbaren Ausblick auf die Stadt genossen.

Mit Beginn der Abwärtsfahrt konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf die Stücke des Antiquariats Jacono. Zuerst fiel der Blick auf das etwas im Hintergrund platzierte Aquarellgemälde mit der Bildunterschrift “Für Leopold Hauer”. Gezeigt werden das Eingangsportal und die Hausfassade des “Griechenbeisl” – eines der ältesten und berühmtesten Gasthäuser Wiens. Noch interessanter als das schöne Gemälde ist der rückseitige Schenkungsvermerk an “Prime Minister / Bruno Kreisky” durch die damalige “Prime Minister of Sri Lanka”. Obwohl nicht namentlich erwähnt, ist anzunehmen, dass es sich um Sirimavo Bandaranaike handelt, der ersten Frau der Welt, die eine frei gewählte Regierung führte.

Direkt daneben befanden sich ein wunderschöner Einband aus Samt mit Goldelementen und eine Zeichnung von Hinko Smrekar von 1925. Die titellose Tuschezeichnung des slowenischen Künstlers wird erst auf den zweiten Blick interessant: In der undefinierbaren Masse, die der monströse Kopf auszuspeien scheint, lassen sich bekannt Elemente Wiens erkennen – unter anderem das Riesenrad.

Das Antiquariat Dr. Kainbacher bildet auf dieser Rundfahrt den beeindruckenden Abschluss und gleichzeitig den Beginn. Das Exponat zeigte verschiedene Bücher mit besonderen Illustrationen, unter anderem den Almanach der Wiener Werkstätten (Das Foto zeigt eine Bildbeigabe von Josef von Divéky).

Der Höhepunkt war allerdings ein handkolorierter Holzschnitt aus der Schedelschen Weltchronik, es handelt sich um die früheste graphische Darstellung Wiens aus dem Jahr 1493.

Auf den letzten Metern der Runde näherten sich die Besucher dann wieder dem Zugang der Gondel, wo günstig platziert, dass ILAB-Plakat zur Spende auf dem Weg nach draußen einludt.

Am liebsten wäre ich gern direkt eine zweite Runde gefahren, doch die freudig wartenden Besucher hatten natürlich Vorrang – und schließlich durfte ich die Antiquare noch auf einer Abschlussrunde begleiten.

Das Fazit: Die Pop-up Buchmesse im Wiener Riesenrad war eine wunderbare Idee. Die Präsentation besonderer Austriaca vor der traumhaften Kulisse Wiens war ein Pop-up Erlebnis, an dem ich sehr gerne teilgenommen habe. Ich freue mich bereits auf die Wiener Location im nächsten Jahr – Ideen wurden bereits diskutiert, aber hier noch nicht verraten. Wenn es nach mir und den diesjährigen Besuchern ginge, würden wir sicher immer wieder auf eine Runde in das Riesenrad einsteigen.

 

Vielen Dank!

 

26. April 2016

Antiquariats-Portrait: Antiquariat Weinek in Salzburg

von Kristina Krämer
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Das Ehepaar Dr. Elisabeth Weinek und ihr Mann Dr. Christian Weinek hat seine Sammelleidenschaft zum Beruf gemacht. Bereits zu Studienzeiten unternahmen sie auf der Jagd nach besonderen Büchern Reisen durch ganz Europa und finanzierten sich ihr Studium, indem sie Bücher auf Flohmärkten verkauften. 1986 machte das Paar seinen Traum wahr und eröffnete sein eigenes Antiquariat in Salzburg. In den ersten Jahren im Antiquariatsgeschäft standen gerade einmal 16 Quadratmeter zur Verfügung, um den Bestand an Büchern aus den Bereichen Literatur, Kunst und Fotografie zu präsentieren. Nach dem Umzug in die Steinstraße 14 und 16 steht nun mit 140 Quadratmetern fast die 10-fache Fläche zur Verfügung. Bereits seit 1998 sind die Bücher der Weineks auch im Internet zu finden.

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Antiquarin Elisabeth Weinek hat uns im Interview Rede und Antwort gestanden:

ZVAB: Wie sind Sie Antiquarin geworden? Und was lieben Sie am meisten an Ihrem Beruf?

Elisabeth Weinek: Ich habe während dem Germanistik-Studium bereits begonnen mit meinem Mann zusammen Bücher zu sammeln und tagelang in Lagern von Wiener Antiquariaten zu verbringen, um seltene Bücher zu finden. Dabei lernte ich eine Menge über das Verlagswesen, seltene Ausgaben und die Kulturgeschichte des Buchwesens. Das besondere an unserem Beruf ist das tägliche Dazulernen, Neues zu entdecken, Kurioses zu beschreiben und die vielen Gespräche mit Sammlern, die meist Experten auf ihrem Gebiet sind, zu führen.

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ZVAB: Was fasziniert Sie am meisten an alten Büchern?

Elisabeth Weinek: Einerseits das Handwerkliche des Einbandes und die hochwertige Verarbeitung, dann wieder die Graphik. Persönlich interessiert mich sehr stark Trivialliteratur, ihre Entstehung und die Rezeption, da Zeitungen oder auch Groschenromane sehr viel über eine Gesellschaft aussagen. Ebenso wie die Bedingungen ihres Entstehens und die Wirkung ihrer Verbreitung.

ZVAB: Welches Buch in Ihrem Bestand ist das wertvollste? Warum?

Elisabeth Weinek: Es handelt sich um die bislang noch nie publizierte Abschlussarbeit von Thomas Bernhards Regiearbeit 1957 an dem Stück Herrenhaus von Thomas Wolfe. Es ist das Streichexemplar von Bernhards Hand mit vielen Notizen und Anweisungen. Thomas Bernhard war als Regisseur an der Bühne tätig.

ZVAB: Welches Buch hätten Sie gerne noch in Ihrem Besitz?

Elisabeth Weinek: Ach, das sind viele, egal ob Gedichtband oder Roman, jedenfalls viele von verschiedenen Kleinverlagen und kurzlebigen Editionen.

ZVAB: Was war das seltsamste, was Sie jemals in einem alten Buch gefunden haben?

Elisabeth Weinek: Eine Fahrkarte der Strecke Paris – Lyon aus dem Jahre 1837. Also eine Billett aus den Kindertagen der Eisenbahn.

ZVAB: Und natürlich, was ist Ihr Lieblingsbuch?

Elisabeth Weinek: Marquis de Sade in der Erstausgabe. Nein, Scherz – mein Lieblingsbuch ist : Die Wiener Werkstätte 1903 – 1928 – herausgegeben von Mathilde Flögl. Bei diesem Buch stimmt alles perfekt zusammen, der Prägeeinband, ein Skulptur für sich, das Format, der formal ausgewogen gestaltete Inhalt.

Zu den Büchern des Antiquariats Weinek

21. April 2016

ILAB Pop-up Buchmessen 2016

von Larissa Dawirs
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Am 23. April wird der Welttag des Buches (UNESCO World Book and Copyright Day) wieder international gefeiert. Die im letzten Jahr ins Leben gerufenen ILAB Pop-up Books Fairs werden auch in diesem Jahr wieder hier und da ‘aufpoppen’ und besondere antiquarische Schmuckstücke präsentieren.

Überall wo Sie ein Poster mit einem leeren Bücherregal erblicken, können Sie nicht nur Literatur und Lesen zelebrieren, sondern auch das Leseförderungsprojekt der UNESCO im Südsudan unterstützen und die Bücherregale füllen.

Im Laufe des Tages wandern die Buch-Pop-ups von Australien über Asien, Afrika und Europa bis in die USA. Im deutschsprachigen Raum gibt es in diesem Jahr drei Teilnehmer: München, Wien und Zürich.

In München werden die “Cocktails & Book Tales” aus dem letzten Jahr neu aufgelegt. Das Kaufmanns-Casino am Odeonsplatz wird wieder zur besonderen Kulisse für die Buchmesse nach englischer Manier. Antiquare, Buchliebhaber und Interessierte können hier bei Fingerfood und Getränken einzigartige Sammlerstücke aus der Nähe betrachten.

 

Als Einleitung wird ein besonderes Schmankerl geboten, ein Vortrag zum „Antiquariatshandel in Deutschland im 20. Jahrhundert” von Klaus G. Saur.

Die Antiquare in Wien haben sich etwas Besonderes ausgedacht: Getreu dem Motto „Bücher mal ganz anders”, steigt die diesjährige Pop-up Buchmesse ins Wiener Riesenrad ein und trägt Besucher und Ausstellungsstücke von 10 bis 12 Uhr hoch über die Dächer der Stadt.

 

Den Startschuss setzen die Wiener bereits am 16. April um 17 Uhr im Antiquariat Dr. Paul Kainbacher mit einem bibliophilen Salon zum Thema „Im Herz der Finsternis – Österreicher in Zentralafrika”.

Während andererorts Shakespeare und Cervantes anlässlich der 400. Todestage eine besondere Rolle spielen, wird in Zürich ein anderes Jubiläum gefeiert: 100 Jahre Dada. Die Pop-up Buchmesse findet im Cabaret Voltaire statt – dort wo die Kunstrichtung die keine ist 1916 ins Leben gerufen wurde – und präsentiert seltene Erstausgaben und Dada hautnah.

 

Alle weltweiten Pop-up Buchmessen werden auf der Homepage der ILAB (International League of Antiquarian Booksellers) angekündigt. Auf dem ILAB-Blog wird außerdem aktuell zu den Events berichtet.

Wie bereits im letzten Jahr wird das ZVAB wieder einige Impressionen vor Ort einfangen, und anschließend im Blog darüber berichten – falls Sie es nicht abwarten können, schauen sich zum Einstimmen die Bilder der Events von 2015 an!

(Das Bildmaterial stammt aus unserem Archiv, von der ILAB und Cabaret Voltaire)

 

Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen auf den Pop-up Buchmessen in den Kommentaren mit!

 

13. April 2016

Simplicissimus: 120 Jahre bissige Satire

von Larissa Dawirs

Vor 120 Jahren, am 4. April 1896, erscheint in München zum ersten Mal die Satirezeitschrift “Simplicissimus. Innerhalb weniger Jahre wächst die Popularität des Magazins und erreicht in der Hochphase Auflagen zwischen 80.000 und 100.000 Stück.

“Vor meinem Biss fürchtete sich fasst jeder im Kaiserreich, dabei bestand ich lediglich aus Farbe und aus Papier,” heißt es im heutigen WDR 2 Stichtag.

Das Markenzeichen der Zeitschrift wird die bissige rote Bulldogge mit abgerissenser Kette, die im August 1896 zum ersten mal als Karikatur von Thomas Theodor Heine erscheint. Diese Bulldogge wird schließlich auch als Poster mit schwarzem Hintergrund gedruckt, der Original-Lithostein hierfür befindet sich heute in der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Schnell wird der Simplicissimus vor allem für seine Karikaturen berühmt.

Neben Karikaturen und Zeichnungen sind es die Beiträge wichtiger Literaten der Epoche, die den Geschmack des Publikums treffen. Frank Wedekind, die Thomas Mann und Heinrich Mann, Rainer Maria Rilke, Robert Walser, Richard Dehmel, Hermann Hesse und viele mehr sind mit dem Namen der Zeitschrift durch Erstveröffentlichungen untrennbar verbunden.

Mehr zum Werdegang des Simplicissimus im WDR 2 Podcast.

Dank der Digitalisierung aller Jahrgänge von 1896 bis 1944 können die Bände mittlerweile online unter http://www.simplicissimus.info abgerufen und nach Themen durchsucht werden.

Dennoch geht nichts über die Originaldrucke der “bissigen Bulldogge” – stöbern Sie in unserem Katalog nach erschwinglichen Ausgaben!

 
Teilen Sie Ihre Meinung in den Kommentaren!

      Was ist Ihre Meinung zum Simplicissimus?
      Haben Sie eine Lieblingskarikatur?
      Wussten Sie, dass Autoren wie Thomas Mann hier zum ersten Mal veröffentlicht wurden?
4. April 2016