Archiv für April 2007

Zum Welttag des Buches

23. April 2007

Schreibt man denn Bücher bloß zum Lesen? oder nicht auch zum Unterlegen in die Haushaltung? Gegen eins, das durchgelesen wird, werden Tausende durchgeblättert, andere Tausend liegen stille, andere werden auf Mauslöcher gepreßt, nach Ratzen geworfen, auf andern wird gestanden, gesessen, getrommelt, Pfefferkuchen gebacken, mit andern werden Pfeifen angesteckt, hinter dem Fenster damit gestanden.

Georg Christoph Lichtenberg: Sudelbücher (E 311)

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Von der Höhe der Alpen (4)

23. April 2007

»Ich hab gehört, daß sie von niedrigster Geburt sein soll. Aeh, äh. Ists wahr?«
»Nein, sondern sie ist von allerhöchster Geburt.«
»Ah! Wie ist das möglich?«
»Weils droben in denen Alpen zur Welt kommen ist. Ist Ihnen das hoch genug?«

Karl May: Der Weg zum Glück

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Das Buch vom Buch

21. April 2007

buchvonbuch.jpgMarion Janzin, Buchwissenschaftlerin, und Joachim Güntner, Kultur-Journalist, legen inzwischen schon in der 3. Auflage eine umfassende und reichhaltig illustrierte Geschichte des Buches vor. Von den Anfängen der Schrift im mediterranen Kulturraum bis zur Digitalisierung großer Buchbestände zu Anfang des 21. Jahrhunderts spannen sie den Bogen.

Auf den über 500 großformatigen Seiten (32×22 cm) sind nicht nur ausführlich Texte zu allen behandelten Epochen zu finden, sondern besonders die Quantität und Qualität der Illustrationen machen das »Buch vom Buch« zu einem Grundlagenwerk, das jeder Buchliebhaber wenigstens einmal in der Hand gehabt und durchgeblättert haben sollte. Abgerundet wird die herausragende Ausstattung durch die sorgfältige Typographie des deutschen »Typographie-Papstes« Hans Peter Willberg.

Die 3. Auflage unterscheidet sich von den Vorgängern wesentlich nur durch das letzte Kapitel, das die Entwicklung der letzten 10 Jahre in Buchherstellung und Buchhandel darzustellen versucht.

Marion Janzin / Joachim Güntner: Das Buch vom Buch. 5000 Jahre Buchgeschichte. 3., überarb. u. erw. Aufl. Schlütersche Verlagsges., 2007. Leinen, fadengeheftet, 512 Seiten (32×22 cm). 88,– €.

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Das kongolesische Zebra

21. April 2007

carre_zebra.jpgNach sicherlich mehr als 20 Jahren wieder einmal einen John le Carré gelesen; eigentlich sollte es »The Constant Gardener« werden, auch weil mir der Film recht gut gefallen hatte, aber dann ist mir »Geheime Melodie« in die Hand gefallen, und die Faulheit hat mich dazu getrieben, das deutsche statt des englischen Buchs zu lesen.

Worum geht’s? Bruno Salvador, ein im Kongo von einem Missionar gezeugter und dann als vorgebliche Waise in einem Kinderheim unter der Aufsicht seines ihn verleugnenden Vaters aufgewachsener junger Mann mit großem Sprachtalent wird in England Dolmetscher für diverse bekannte und unbekanntere afrikanischische Sprachen. Er wird vom englischen Geheimdienst engagiert und gerät so eines Tages auf eine geheime Konferenz, auf der divergierende Interessengruppen des Kongos versuchen, unter der Leitung des alternden, chrasmatischen Führers Mwangaza einen Staatsstreich in einer Teilregion des Kongo zu organisieren. Treibende Kraft hinter diesem Komplott ist ein anonymes Konsortium, das sich im Gegenzug für die zur Verfügung gestellten Waffen an den Bodenschätzen des Kongo bereichern will. Weiterlesen »

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Von der Höhe der Alpen (3)

11. April 2007

Wirklich hat Saussüre durch eudiometrische, auf dem Gipfel der höchsten Alpen angestellte Versuche gefunden, daß auf ihnen die Luft bei weitem weniger rein ist als auf den mittleren Höhen.

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Von der Weltseele

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Aus dem Leben eines Taugenichts

10. April 2007

taugenichts.jpgReclam bringt zum Eichendorff-Jahr (der 26.11.2007 ist der 150. Todestag Eichendorffs) eine wunderhübsche illustrierte Neu-Ausgabe dieses Textes, der wahrscheinlich mit zu den meistgedruckten und am häufigsten illustrierten der deutschsprachigen Literatur gehört. Hans Traxler hat neben dem bedruckten Leineneinband auch das Vorsatzpapier gestaltet und 19 großformatige Bilder zum »Taugenichts« geliefert. Die Zeichnungen entsprechen in ihrer vordergründigen Einfachheit und leichten Ironie ganz wundervoll der zwischen artistischer Raffinesse und volkstümlichem Ton gespannten Erzählung Eichendorffs.

Der »Taugenichts« erfreut sich seit seinem Erscheinen 1826 bei Lesern einer beinahe durchgängigen Beliebtheit. Auch zahlreiche nachgeborene Schriftsteller haben sich lobend über Eichendorffs erzählerisches Meisterstück geäußert. Diese breitgestreute positive Resonanz (aus der eigentlich nur die Germanistik des ausgehenden 19. Jahrhunderts ausschert, die mit Eichendorffs Prosa kaum etwas anzufangen weiß) deutet daraufhin, dass hier nicht nur ein populärer Ton getroffen wurde, sondern auch artistisch etwas Besonderes gelungen ist. Weiterlesen »

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Von der Höhe der Alpen (2)

4. April 2007

Früh aufgestanden befand ich mich bald zwar unter freiem Himmel jedoch in engen von hohen Gebirgskuppen umschlossenen Räumen. Ich hatte mich an den Fußpfad, der nach Italien hinunterging, niedergelassen und zeichnete, nach Art der Dilettanten, was nicht zu zeichnen war und was noch weniger ein Bild geben konnte: die nächsten Gebirgskuppen, deren Seiten der herabschmelzende Schnee mit weißen Furchen und schwarzen Rücken sehen ließ; indessen ist mir durch diese fruchtlose Bemühung jenes Bild im Gedächtnis unauslöschlich geblieben.

Mein Gefährte trat mutig zu mir und begann: »Was sagst Du zu der Erzählung unsres geistlichen Wirts von gestern abend? Hast Du nicht, wie ich, Lust bekommen Dich von diesem Drachengipfel hinab in jene entzückenden Gegenden zu begeben? Die Wanderung durch diese Schluchten hinab muß herrlich sein und mühelos, und wann sichs dann bei Bellinzona öffnen mag, was würde das für eine Lust sein! Die Inseln des großen Sees sind mir durch die Worte des Paters wieder lebendig in die Seele getreten. Man hat seit Keislers Reisen so viel davon gehört und gesehen, daß ich der Versuchung nicht widerstehen kann. Ist Dir’s nicht auch so? fuhr er fort; Du sitzest gerade am rechten Fleck, schon einmal stand ich hier und hatte nicht den Mut hinabzuspringen. Geh voran ohne weiteres, in Airolo wartest Du auf mich, ich komme mit dem Boten nach, wenn ich vom guten Pater Abschied genommen und alles berichtigt habe.«

So ganz aus dem Stegreife ein solches Unternehmen, will mir doch nicht gefallen – »Was soll da viel Bedenken! rief jener, Geld haben wir genug, nach Mayland zu kommen, Kredit wird sich finden, mir sind von unsern Messen her dort mehr als ein Handelsfreund bekannt.« Er ward noch dringender. Geh! sagte ich, mach’ alles zum Abschied fertig, entschließen wollen wir uns alsdann.

Mir kommt vor, als wenn der Mensch, in solchen Augenblicken, keine Entschiedenheit in sich fühlte, vielmehr von früheren Eindrücken regiert und bestimmt werde. Die Lombardie und Italien lag als ein ganz Fremdes vor mir; Deutschland als ein Bekanntes Liebwertes, voller freundlichen einheimischen Aussichten und, sei es nur gestanden: das was mich so lange ganz umfangen, meine Existenz getragen hatte, blieb auch jetzt das unentbehrlichste Element, aus dessen Grenzen zu treten ich mich nicht getraute.

Johann Wolfgang von Goethe: Aus meinem Leben

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Zum Sehen geboren, / Zum Schauen bestellt

3. April 2007

goethe_comic.jpgDiese zweibändige Comic-Biografie Goethes ist bereits 1999 zum 250. Geburtstag erschienen; heuer, anlässlich des 175. Todestages, sind die beiden Bände zu einer Sonderausgabe zusammengefasst worden – und natürlich bin ich mit meiner Rezension für beide Jubiläen eigentlich schon zu spät. Schadet aber nichts, denn so gut ist das Ding nicht, dass einer was verpasst hätte.

Autor beider Teile ist Friedemann Bedürftig, und danach sind sie auch geraten: Insgesamt eine oberflächliche und fehlerhafte Darstellung entlang vieler Klischees und unter Auslassung wichtiger Informationen: Weiterlesen »

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