Geschrieben am 1. März 2021 von für Crimemag, CrimeMag März 2021

Schatzsuche: Crime-Neuerscheinungen

Eine Vielzahl Krimi-Neuheiten …

 … erscheinen jeden Monat, dazu Graphic Novels (vulgo: Comics) und DVDs und BluRays. Unmöglich, das alles zu überblicken und zu rezensieren. CrimeMag siebt und schürft deshalb für Sie und weist hier regelmäßig mit Hilfe von: Kaliber.38 und der befreundeten Buchhandlungen Chatwins (Berlin), Wendeltreppe (Frankfurt) und Buchladen in der Osterstraße (Hamburg) auf interessante Neuerscheinungen hin. Empfehlungen für DVDs, BluRays und Comics geben Katrin Doerksen und Thomas Groh

Bitte denken Sie daran, dass gerade in diesen Zeiten Ihre lokale Buchhandlung(en) besonderer Unterstützung und Solidarität bedürfen. Lieber dort bestellen als bei amazon. – Und lesen Sie den Offenen Brief von Gerhard Beckmann in dieser Ausgabe.

Claudia Denker von der Krimiabteilung im Chatwins in 
Berlin-Schöneberg

Kleiner Rückblick zum letzten Monat: Merle Kröger »Die Experten« hat  mich in ihren Bann gezogen, aber bevor ich weiterlese, muss ich ja noch die Schatzsuche abliefern.

Ein Pizzabote transportiert die Pizza Hawaii grundsätzlich nicht in der Warmhaltebox – »als pädagogische Maßnahme« … damit hatte er mich! Roland Sprangers »A Kind Of Blue« (Edition Outbird) ist ein Band mit skurrilen Short Stories! Schräg, verstörend, witzig!

Ich freue mich sehr auf Matthias Wittekindt: »Vor Gericht«. Seine Frankreichromane haben mir immer gefallen. Hier verschlägt es seinen Kriminaldirektor a.D. nach Berlin. Schön, dass der Autor jetzt mit Kampa einen neuen Verlag gefunden hat. Dort auch gerade erschienen: »Michael Connelly: »Night Team«. Zwei seiner Ermittler (Harry Bosch und Renée Ballard) lösen einen Fall gemeinsam.  

Alte Hasen: Im Alexander Verlag erscheint (endlich) wieder eine Neuübersetzung von Ross Thomas: »Keine Fragen offen« und im Pendragon Verlag Dave Robicheaux Nr. 15: »Dunkle Tage im Iberia Parish« von James Lee Burke.

Ich erinnere mich noch an »Zerrüttung« von 2016, deshalb freue ich mich auf Jon Bassoff: »Factory Town« (Polar Verlag).

In meinem »Noch-Ansehen-Stapel« interessiert mich außerdem: Stephen Mack Jones: »Der gekaufte Tod« (Tropen).

Was ich mir unbedingt noch bestellen muss, habe ich übersehen und bin darüber entsetzt: Christa Baumberger: Friedrich Glauser »Jeder sucht sein Paradies« – Briefe, Berichte, Gespräche (Limmat) … ein großer Teil bis jetzt unveröffentlicht … her damit!

Und noch eins für Fans: Nick Cave »Stranger than Kindness« (Kiepenheuer & Witsch), ein schönes Bilderbuch, vor allem auch mit Fotos von seinen Aufzeichnungen und Notizbüchern. – Anm. d. Red.: Siehe auch das Krimigedicht in dieser Ausgabe.

Torsten Meinicke, Buchladen in der Osterstraße, Hamburg

Bei uns ist vor dem Buchladen jede Menge los, die Menschen bestellen reichlich und holen ab. Der unabhängige Buchhandel als Pandemie-Gewinner. Dazu eine neue Kollegin einzuarbeiten und vieles mehr. Gelesen habe ich auch, wenn auch nicht so viel.

– Javier Cercas, Terra Alta (Ü: Susanne Lange), S. Fischer 2021, 429 S., 24 Euro: Melchor Marín wandelt sich vom Gangster in Barcelona zum Polizisten in Terra Alta. Spannender Plot, die Geschichte reicht – wie so oft bei Cercas – zurück in den Spanischen Bürgerkrieg. Erscheint allerdings erst am 28. Juli 2021. Aber unbedingt schon mal vormerken.

– Gesuino Némus, Die Theologie des Wildschweins (Ü: Sylvia Spatz), Eisele 2021, 285 S., 16 Euro: Ja, es ist ein Pseudonym, aber der Autor ist wirklich Sarde (und kein deutscher RTL-Korrespondent), heißt mit bürgerlichem Namen Matteo Locci und ist in den Bergen Ostsardiniens geboren. Viel Lokalkolirit, viel Küche der Barbagia (Cannonau, porceddu, su casu marzu) und ja, auch ein Kriminalfall. Für Sardinienbegeisterte auf jeden Fall ein Tipp. Und ab Mai 2021 dann auch im Handel.

– Flavio Steimann, Krumholz, Edition Nautilus 2021, 196 S., 22 Euro: Der Roman des Schweizer Autors basiert auf einem realen Fall (Andrea Maria Schenkel, ich hör dir trapsen …). 1914: Agatha wächst taub in einem Heim auf, dann trifft sie Zenz im Wald und dann passiert was. Sehr archaisch, sehr eigene Sprache mit vielen noch niemals gehörten Begriffen. Gerade erschienen.

– Merle Kröger, Experten, Suhrkamp 2021, 688 S., 20 Euro: Lange erwartet, nun endlich erschienen: Der opulente und tief recherchierte Roman um deutsche Bombenbauer mit NS-Vergangenheit und ihren Kampf gegen Israel. Die ersten Rezensionen von Ulrich Noller, Thekla Dannenberg und anderen sind ja schon voll des Lobes.

– Monika Geier, Voll fiese Flora, Argument 2021, 96 S., 15 Euro: Klar, dies ist kein Krimi, aber dies ist ein literarisch-künstlerisches Kleinod einer Krimiautorin, die auch wunderschön zeichnen kann. Und schließlich kann mit Giftpflanzen auch getötet werden (ich sage nur: Schierlingsbecher!). Erlesen gestaltet und ein  erlesener Geschenktipp für alle Pflanzenfreundinnen und – freunde. – Ein Text/Bildauszug nebenan in dieser Ausgabe, sowie eine Besprechung von Anne Kuhlmeyer.

– Stefan Neuhaus, Der Krimi in Literatur, Film und Serie, Narr Francke Attempo 2021, 340 S., 22,90 Euro: Neue Sekundärliteratur zum Genre: Viel ist die Rede von Poe, Doyle, Christie und Friedrich Schiller. Auch „The Big Sleep“ und James Bond werden ausführlich analysiert. Die Genre-Entwicklung der letzten zehn Jahre wird leider souverän (Prof. Dr. Dr. h.c.!) ignoriert. Im Personenregister finden sich kein Manchette und kein Glauser, dafür aber Nele Neuhaus und Wolf Haas. Das macht etwas ratlos, trotz einiger wirklich spannender Artikel. 

Bleibt negativ und lest!
Torsten Meinicke 

Jutta Wilkesmann, Wendeltreppe, Frankfurt:

Hier unser Empfehlungen – und bleibt alle schön gesund.

Henrik Siebold: Inspektor Takeda und die stille Schuld (Aufbau)

Louise Penny: Bei Sonnenaufgang (Kampa)

Holger Karsten Schmidt: Die Toten von Marnow (KiWi)

Tara Moss: Die Jägerin (Aufbau)

Ted Lewis: Körperverletzung (Pulp Master)

Amanda Cross: Die letzte Analyse (Dörlemann)

Jan Christian Schmidt von Kaliber.38:

Turbulent geht’s zu – rauf in schwindelerregende Höhen, und zack!, wieder runter ins Tal der Tränen. Über Nacht soll Multi-Unternehmer Elon Musk einen zweistelligen Milliardenbetrag seines privaten Vermögens eingebüßt haben. Schuld ist der Bitcoin, die berühmteste der mittlerweile mehr als 8000 Kryptowährungen. Was genau Kryptowährungen sind, wie Blockchain-Technologie und digitale Signaturen funktionieren, haben die wenigsten von uns verstanden – ich schon gar nicht! -, aber das Daten-Geld beinflusst Kapitalströme und damit unser Leben. „Montecrypto“ heisst ein brandaktueller Thriller von Tom Hillenbrand (Kiwi), der auf unterhaltsam-spannende Weise in den abstrakten Stoff einführt: Der spleenige Start-up-Unternehmer Gregory Hollister hat sein Vermögen größtenteils in Bitcoins angelegt. Als er bei einem Unfall ums Leben kommt, beginnt die Suche nach dem digitalen Schatz, den der kalifornische Unternehmer gut versteckt hat. Das milliardenschwere Vermögen lockt nicht nur professionelle Schatzsucher an, sondern weckt auch das Interesse ausländischer Geheimdienste, des FBI und der Mafia. Privatdetektiv Ed Dante, von der Schwester des Verstorbenen engagiert, erkennt, dass Hollisters Hinterlassenschaft aus deutlich mehr als aus einem Haufen digitaler Münzen besteht. „Montecrypto“ ist ein Thriller über die neue internationale, digitale Finanzwirtschaft. Dass der Autor Tom Hillenbrand sich mit komplizierten technischen und digtitalen Fragen auskennt und diese spannend in Literatur umsetzen kann, hat er schon mehrfach gezeigt, etwa mit den Science-Fiction- bzw. near-future-Thrillern „Drohnenland“ und „Hologrammatica“. Das Buch ist eine erstklassige Gelegenheit, sich in das wichtige Thema „digitale Währungen“ einzuarbeiten.

Da ist er endlich, der mehrfach verschobene Thriller „Die Experten“ der Autorin Merle Kröger (Suhrkamp). Und prall ist er geworden – knapp siebenhundert eng bedruckte Seiten nach mehr als fünf Jahren Arbeit. Der Stoff: Ägypten zu Beginn der 60er Jahre. Präsident Nasser verpasst seinem Land ein ambitioniertes Rüstungsprogramm, mit dem er Ägypten an die Spitze der afrikanischen Staaten bringen will. Helfen sollen dabei ausländische Ingenieure – vor allem auch „Experten“ aus Deutschland, die sich schon in den Rüstungsprojekten der Nazis bewährten. Die Welt ist im Umbruch, und die Veränderungen werden in Kairo wie unter einem Brennglas sichtbar. Die junge Rita Hellberg, deren Vater für Präsident Nasser Flugzeuge baut, geniesst das Leben in der pulsierenden Millionen-Metropole – bis sie allmählich merkt, dass sie sich im Zentrum eines blutigen Konfliktes befindet, der mit allen Mitteln ausgefochten wird. Krögers Roman „Die Experten“ ist nicht konventionell runtererzählt, sondern – spannend das! – aufgebaut in drei Fotoalben mit Bildern der Jahre 1961 bis 1970: Jedes Kapitel beginnt mit der kurzen Beschreibung einer Fotografie, berichtet von den Umständen, die zur Entstehung des Bildes führten, und nähert sich so der Handlung an. Wir erwarten also keinen „klassischen Thriller“, sondern freuen uns auf „ein breit angelegtes, klug inszeniertes, lebendiges und hochspannendes Panorama mit Thrillerelementen“ (Frank Rumpel, SWR). Es gibt leider kein Inhaltsverzeichnis, aber am Ende des Buches findet sich ein Text von Stefanie Schulte Strathaus, deren Familie als Blaupause für die Familie Hellberg im Roman diente, ein Nachwort der Autorin Merle Kröger und ein mehrseitiges Quellenverzeichnis: Wenn das Buch schon collagenhaft aufgebaut ist, darf man sich auch eingeladen fühlen, an unterschiedlichen Ecken rumzuknuspern.

RAVNA Tod in der Arktis von Elisabeth Herrmann

Fast übersehen hätten wir „Ravna – Tod in der Arktis“ von Elisabeth Herrmann, der im Randomhouse-Imprint cbj erscheint, der Abteilung für Kinder- und Jugendbücher. Nein, Sie müssen ihre Messlatte nicht nach unten korrigieren, denn das Buch ist tatsächlich ein All-Age-Roman, vermutlich ohne explizite Sex- und Gewaltdarstellung. Schauplatz ist die arktische Stadt Vardø, auf einer Insel in der Barentsee am äußersten nordöstlichen Rand Norwegens gelegen. Die Tageslänge im November, so erfahren wir am Anfang des Buches, beträgt hier gerade mal eineinhalb Stunden. Ravna Persen, die Titelfigur dieses arktischen Krimis, ist eine achtzehnjährige Praktikantin bei der lokalen Polizei. Wegen ihrer Jugend, ihres Geschlechts und ihrer ethnischen Zugehörigkeit – Ravna ist Samin – hat sie einen schweren Stand bei den Kollegen. Als ein reicher Großgrundbesitzer ermordet wird, meint Ravna am Tatort einen Strich in der Erde entdeckt zu haben, der nach samischer Legende die Wanderseelen daran hindert, zu den Lebenden zurückzukehren. Ein bisschen Krimi, ein bisschen Mystik, ein bisschen Coming-of-Age und – vermutlich – ein bisschen Romantik, das Ganze mit einer gewissen epischen Breite vorgetragen (knapp 460 Seiten) – das sind Zutaten, von denen sich meist ein weibliches Publikum angesprochen fühlt. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass Männer keine Sondergenehmigung beantragen müssen, um den Roman zu lesen. Könnte sich lohnen…

Und sonst? Von der wunderbaren Simone Buchholz gibt’s den zehnten Band ihrer Reihe um die Staatsanwältin Chastity Ryan, die auf so herzerweichende Weise neben sich selbst stehen kann. In „River Clyde“ (Suhrkamp nova) nutzt Chastity ihren Zwangsurlaub nach dem katastrophalen Ausgang der Geiselnahme am Ende des letzten Bandes „Hotel Cartagena“ und schwirrt ab nach Schottland. In Glasgow, der Geburtstadt ihres Ur-Urgroßvaters, will sie die Geheimnisse ihrer eigenen Familie ergründen und wird konfrontiert mit „einem Panorama aus Gewalt und Verlust“. Im Innern hat Chastity noch Beton angerührt, aber, keine Sorge, der weicht auf, ihre „Hände werden zu Blättern“ und ihr „Herz (…) zu Gemüse“. Poesie und Krimi und der ganz spezielle Buchholz’sche Blick – I love it!

Mit dem Schweizer Schriftsteller Flavio Steimann kehren wir erzählerisch zurück ins frühe 20. Jahrhundert, zum Übergang in die Moderne. „Krumholz“ heisst der neue Roman (Edition Nautilus), der von einem realen Verbrechen aus dem Jahre 1914 inspiriert ist: Eine gehörlose junge Frau, ob der körperlichen Beeinträchtigung als Kind in „Armen- und Idioten-Anstalten“ mehr verwahrt denn erzogen, trifft auf einen nicht minder verstoßenen und vewahrlosten Kleinkriminellen, der zurückgezogen in den Wäldern haust, und das Schicksal nimmt seinen grausigen Lauf. „Seine Prosa ist schlackenlos, welthaltig, dringlich, von elementarer Wucht und zugleich von sublimer Musikalität“, schrieb Manfred Papst in der NZZ am Sonntag über Steimanns Roman „Bajass“ (2014), der ebenfalls zurückführt an den Anfang des 20. Jahrhunderts, und wünschte dem „Solitär“ des schweizerischen Literaturbetriebs „viele tausend unerschrockene Leser“. Mit mir jedenfalls hat Flavio Steimann einen weiteren…

Warum denn nicht im Regal mal gaaaanz weit nach oben greifen? Um nichts weniger als einen unumstößlichen Beweis für die Existenz Gottes geht es in Peter James neuen Thriller „Der absolute Beweis“ (Fischer Scherz, dt. von Irmengard Gabler). Investigativ-Reporter Ross Hunter erhält einen eindringlichen Anruf des Wissenschaftlers Dr. Cook, der behauptet, einen eindeutigen Beweis für die Existenz Gottes gefunden zu haben. Da Ross Hunter ein seriöser Reporter sei, solle er die Botschaft in die Welt tragen, die für Gläubige aller Konfessionen wie für Ungläubige in aller Welt enorme Konsequenzen hätte. Als der Reporter weiter recherchiert, wird ihm schnell klar, dass es einige Menschen gibt, die die Existenz Gottes lieber nicht bewiesen haben möchten und auch vor Mord nicht zurückschrecken. „Totale Spannung, Action und eine Verschwörung auf globaler Ebene“, verspricht der Verlag. Au fein – wir freuen uns auf kurzweiligen Krawall!

Ganz ohne Krawall – und Tote – gehts zu in „Zandschower Klinken“ des Leipziger Schriftstellers Thomas Kunst (Suhrkamp). Das Buch schlägt einen sofort mit dem geilem Cover (ein Plastik-Schwan, der einsam auf einem See dümpelt) und dem bizarren Titel in den Bann (geben Sie mal nur den Titel ins Amazon-Suchfeld ein und schauen Sie sich den Unsinn an, der als Suchergebnis präsentiert wird – Stand 26.06.2021). Worum geht’s? Bengt Claasen hat so ziemlich alles verloren und macht sich auf zu neuen Ufern. Der Zufall führt ihn in das Kaff Zandschow, irgendwo am nordöstlichen Rand Mecklenburg-Vorpommerns gelegen. Außer einem Feuerlöschteich und „Getränke-Wolf“ hat Zandschow augenscheinlich nichts zu bieten. Doch der Eindruck täuscht – die Bewohner erweisen sich als eine eigentümliche Kolonie exotischer Wesen, die nicht bereit sind, sich den Verhältnissen zu fügen, sondern rund um den Teich mit ungemein viel Fantasie ein exotisch-verrücktes Leben führen – „trotzig und stur, frei und eigensinnig“, wie es im Verlagstext heisst – schon aus Solidarität mit den Figuren des „Zandschower Klinken“ ist Lektüre daher Pflicht!

Etwas versteckt in der ZDF-Mediathek findet sich die achtteilige Thriller-Serie „Der Pass“ von Cyrill Boss und Philipp Stennert. Die Eigenproduktion von Sky-Deutschland lief bereits 2019 in der Glotze – zu Beginn des Jahres im Bezahlsender, im Dezember 2019 dann im Free-TV auf ZDF -, war mir aber damals entgangen. Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek spielen in diesem bildgewaltigen Epos ein deutsch-österreichisches Ermittlerduo auf der Hatz nach einem Killer. Es beginnt bizarr: mit einer nackten Leiche auf einem Grenzstein in den Bergen, der Kopf diesseits, der blanke Popo jenseits der Grenze. Weitere Leichen folgen und der anfänglich widerwillige Inspektor Gedeon Winter und seine Kollegin Ellie Stocker aus Berchtesgaden führen gemeinsam eine deutsch-österreichische Sonderkommission. Die Morde stehen in Verbindung mit der mythischen Krampus-Figur, die zum Adventsbrauchtum des Alpenraums gehört: Während Nikolaus die artigen Kinder beschenkt, werden die bösen vom Krampus bestraft. „Der Pass“ (so wird übrigens auch die Gruppe genannt, die aus Nikolaus, Krampus und weiteren Begleitern besteht) erzählt eine weitgehend koventionelle Mordgeschichte mit ein paar politischen Implikationen. Zu einem Ereignis wird der Thriller durch die Hauptdarsteller: Julia Jentsch als Kommissarin Ellie Stocker und Nicholas Ofczarek als Inspektor Gedeon Winter, der wie ein Berserker mit vielen Dämonen ringt (unvergesslich sein morgendlicher Auftritt im Wirtshaus, wo er in seinem immer gleichen zerknitterten Sakko einem Wolfgang Ambros-Song aus der Musik-Box lauthals mitgrölt!). Nicht gerade unkonventionell, aber wirklich feines Fernsehen aus der Welt der Berge und Wälder!

Comic/Heimkino – von Katrin Doerksen und Thomas Groh:

Bella Ciao von Baru
Edition 52, Hardcover, farbig, 136 Seiten, bestellbar

War „Bella Ciao“ von Anfang an ein Lied der italienischen Partisanen oder entstand es unter den Saisonarbeiterinnen auf den Reisfeldern am Ufer des Po? Unter Rückgriff auf seine eigene Familienhistorie erzählt Baru von der teils heftig umstrittenen Geschichte des Volksliedes und verwendet dafür die unterschiedlichsten Stilmittel: Neben den mit Aquarell gezeichneten Panels finden sich unter anderem auch Filmplakate, Scans historischer Dokumente und Pastarezepte.

Der Winter des Zeichners von Paco Roca
Reprodukt, Hardcover, farbig, 128 Seiten, bestellbar

Im Frühling 1957 wagen fünf Zeichner den riskanten Schritt den spanischen Comicverlag Bruguera zu verlassen und ihr eigenes Magazin zu gründen. Sie haben einen weiten Weg vor sich, bevor der Comic in ihrer Heimat als Kunstform breite Anerkennung findet. Paco Roca erzählt ihre Geschichte vor dem Hintergrund der Franco-Diktatur.

Die Spaziergängerin von Anke Feuchtenberger
Reprodukt, Hardcover, teilweise farbig, 80 Seiten

Zu Fuß lassen sich Städte – ob fremd oder vertraut – am allerbesten erkunden. Im Idealfall kommen dabei so wahlweise witzige, zart poetische oder absurde Beobachtungen heraus wie bei Anke Feuchtenberger. Der Band versammelt zeichnerische Essays, die beim Flanieren durch Hamburg, Tel Aviv oder Guimarães entstanden sind.

Persepolis von Marjane Satrapi
Edition Moderne, Klappenbroschur, schwarzweiß, 356 Seiten, bestellbar

Neuauflage von Marjane Satrapis autobiografischem, opulent gezeichneten Meisterwerk über ihre Jugend in Teheran nach der Iranischen Revolution 1979. Die kleine Marjane rebelliert gegen die Revolutionswächter, die vielen Zwänge, denen ihre Familie und sie selbst plötzlich unterworfen ist. Doch als ihre Eltern sie nach Österreich schicken, merkt sie schnell, dass die westliche Lebensweise ihr ebenfalls fremd ist.

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