Geschrieben am 21. Januar 2012 von für Crimemag, Kolumnen und Themen

KickAss

KickAss – Bloody Splinters aus dem täglichen Branchenwahnsinn

Ignorant oder unverschämt?

Kindler macht Reklame auf Kosten deutscher Autoren

Nichts gegen Bernhard Jaumann. Bernhard Jaumann hat tolle Bücher geschrieben, er ist ein leiser Meister unter den deutschen Krimiautoren, trotz zweier Deutscher Krimipreise und zweier Glauserpreise immer noch zu wenig bekannt, zu fein, zu versponnen, ein Ästhet und kein Krawallmacher.

Bernhard hat es verdient, dass man ihn lobt und seine Kunst herausstreicht, und sein Politthriller „Die Stunde des Schakals“ um den immer noch ungelösten Tod des weißen Anwalts und Swapo-Mannes Anton Lubowski hat zu Recht alle Ehren verdient.

Aber nicht das Geblubber, das die „Kindler“ genannte Unterhaltungs-Abteilung des Rowohlt-Verlags um Jaumanns neues Buch „Steinland“ macht, das „Die Stunde des Schakals“ fortsetzt.

Im Vierfarb-Druck (Namibia-Tourismus! Sattel den Rover, Gertrud!) wird Jaumann wahrheitswidrig als „erster deutscher Autor“ vorgestellt, „der (…) den afrikanischen Kontinent für die Spannungsliteratur entdeckt hat.“

Ganz unter Freunden betrachtet, ist das unlauterer Wettbewerb. Das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ benennt in Paragraph 4 unter Punkt 7: „Unlauter handelt insbesondere, wer (…) die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten (…) eines Mitbewerbers herabsetzt (…)“ und wer sinngemäß über die Waren, Tätigkeiten etc. anderer Mitbewerber wahrheitswidrige Aussagen macht.

Das trifft vermutlich nicht im exakten juristischen Sinn des Gesetzes, aber tatsächlich zu. Denn die Behauptung, Jaumann sei der erste deutsche Krimiautor, der Afrika thematisiert, bedeutet, dass es vor ihm keine anderen getan hätten. Das ist wahrheitswidrig, gelogen oder sogar bösartig, je nachdem, was für ein Szenario man unterstellt.

Nehmen wir jedoch mildernd zugunsten des Kindler-Verlages an, dort wisse tatsächlich niemand, dass:

  • die deutsche Autorin Lena Blaudez 2005 und 2006 zwei in Benin und Kamerun spielende Kriminalromane veröffentlicht hat
  • der deutsche Autor D.B. Blettenberg mit „Murnaus Vermächtnis“ 2010 einen in Ghana spielenden Kriminalroman veröffentlicht hat, der im gleichen Jahr wie Jaumanns „Stunde des Schakals“ mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde
  • dieser D.B. Blettenberg 2007 mit „Land der guten Hoffnung“ bereits im Titel erkennbar einen in Afrika spielenden Roman veröffentlicht hat.
  • Christine Grän 1986 mit „Weiße sterben selten in Samyana“ debütierte, übrigens im Rowohlt-Verlag

 

 

 

 

 

 

Alles  Autoren, die vor Jaumann „den afrikanischen Kontinent für die Spannungsliteratur entdeckt“ haben.

(A propos: Nur die verblödete und verblödende Werbesprache geht so fromm und frei mit kolonialen „Entdeckungs“-Fantasien um – weder Jaumann noch Blaudez oder Blettenberg würden so ein halbgares imperialistisches Gefasel von sich geben).

Weitere deutschsprachige Autoren, die ihre Krimis in Afrika spielen lassen, sind Daniel Dubbe, Edi Graf und Peter Höner, und wenn man noch ein Weilchen suchen würde, kämen noch weitere Autoren und Bücher ans Tageslicht, die Kindlers Propaganda Lügen strafen.

Aber wenn wir zugunsten von Kindler annehmen, dass niemand das weiß, und dass niemand mit Sprachbewusstsein die Vorschautexte gelesen hat – was sollen wir dann überhaupt noch von Kindler annehmen?

Tobias Gohlis

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