Geschrieben am 21. April 2012 von für Bücher, Crimemag

Tom Clancy und Peter Telep: Gegen alle Feinde

Was macht eigentlich Tom Clancy?

– Wirklich Neues bringt Tom Clancys jüngster Roman nicht, seine politischen Ansichten sind immer noch zum Fürchten und über seine gleichbleibend langweiligen waffentechnischen Ausführungen muss man hinweglesen. Trotzdem fällt es schwer, sich von „Gegen alle Feinde“ zu trennen, denn Clancy weiß, wie man einen Thriller schreibt, meint Eva Karnofsky.

Tom Clancys neuer Held, Max Moore mit Namen, ist wie schon einst sein Jack Ryan ein Übermensch: bärenstark, aber sensibel, hochintelligent, aber nicht hochnäsig, dazu loyal bis in den Tod und obendrein galant und sexy. Und natürlich arbeitet er für die Guten, sprich: die CIA. „Gegen alle Feinde“ könnte – wie sämtliche Thriller des Autors – in weiten Teilen fast als Propagandamaterial für US-Streitkräfte und  -Geheimdienste durchgehen, denn Clancy hat allenfalls mal die Überbürokratisierung und die zu geringe Kommunikation der einzelnen Institutionen untereinander zu bemängeln. Und wenn sie in Geheimgefängnissen foltern, geschieht dies selbstverständlich nur zum Wohle der Menschheit, ob es Barack Obama nun gefällt oder nicht. Nur die Nutzung von ferngesteuerten Drohnen, die, in den USA abgeschossen, Menschen auch im entferntesten Winkel der Erde auslöschen können, mag Clancy nicht. Weil die aus Versehen auch Gute töten können. Außerdem schätzt unser Autor die Begegnung Aug‘ in Aug‘.

Terror goes narc …

Doch zurück zu Max Moore: Während er in Pakistan islamistischen Terroristen auf der Spur ist, erfährt er, dass diese mit dem mexikanischen Juárez-Kartell gemeinsame Sache machen wollen. Letztere sollen künftig ihre Vertriebswege in die USA auch für afghanisches und pakistanisches Opium nutzen. Und dabei helfen, den heiligen Krieg in die USA zu tragen, so will es zumindest Mullah Omar Rahmani. Moore macht sich nun in Mexiko daran, dies zu verhindern, in dem er einen Pakt mit dem kleineren Übel, dem gegnerischen Sinaloa-Kartell schließt, um das Juárez-Kartell zu entmachten. Keine sonderlich neue Vorgehensweise – auch Don Winslows Art Keller hat sie bereits 2005 in „Tage der Toten“(zur CM-Rezension hier) praktiziert.

Chef des Juárez-Kartells ist Jorge Rojas. Er ist allein mit seinen legalen Firmen für acht Prozent des mexikanischen Bruttosozialprodukts verantwortlich. Für die Figur des Jorge Rojas dürfte Mexikos reichster Mann Carlos Slim Pate gestanden haben, allerdings hat den bislang niemand mit Drogen in Verbindung gebracht. Kokainkönig Rojas geht bei Staatspräsidenten ein und aus, und mit seinen Schulbau- und Gesundheitsprogrammen gilt er als größter Wohltäter Mexikos. Moore plant nun die Entführung von Rojas‘ Sohn, um an den Vater heranzukommen und ihn auszuschalten.

Auch wenn Clancy nicht der Erste ist, der die Macht der Kokainkartelle schildert, so zeichnet er doch ein korrektes Bild von der Gewalt, mit der sie das Land überziehen,  von der Korruption, mit der sie sämtliche staatlichen Institutionen auf ihre Seite bringen, sowie von dem Werteverfall, der in der Gesellschaft zu beobachten ist, weil nur noch ihr Geld zählt. Selbst ehrbare Familien können der Versuchung nicht widerstehen und lassen sich, in der Hoffnung auf ein Ende der finanziellen Engpässe, mit Rojas oder seinen Gegnern vom Sinaloa-Kartell ein. Die Schilderung der Umstände, die Menschen in die Arme der Kartelle treibt, zählt zu den Stärken des Buches.

Auch die fanatisierten Gotteskrieger gelingen ihm gut, und es scheint im Buch durch, dass es Armut und mangelnde Bildung sind, die der Radikalisierung Vorschub leisten. Doch nicht alle Pakistanis und Mexikaner sind Terroristen oder Drogenhändler, Clancy hat auch unter ihnen einige Helden aufgetan, die Moore an Tapferkeit und Rechtschaffenheit kaum nachstehen. Nicht nötig, zu erwähnen, dass sie wie er die USA für das Maß aller Dinge halten.

Mexican Police (http://unscriptedclothing.com/2010/09/3200-mexican-federal-police-fired/)

Toys for boys

Clancy hat wie immer viel recherchiert und ist in puncto Waffentechnik offenbar weiterhin voll auf dem Laufenden. Dem Buch wäre es allerdings sehr gut bekommen, wenn er sich da um Einiges kürzer gefasst hätte. Sprachlich ist er kein Genie, aber er weiß ohne Highlights lesbar geradeaus zu erzählen. Dies geschieht im Wesentlichen chronologisch, abgesehen von einigen Rückblenden, die uns Max Moores Vergangenheit näherbringen, welche, ganz klar, auch reich an Heldentaten war. Immer, wenn es brenzlig wird, wechselt Clancy um der Spannung willen den Schauplatz – wie man es gewohnt ist von ihm. Mit den Szenenwechseln hält er den Leser bei der Stange. Gelingt es den Fundamentalisten, in die USA zu kommen, um einen zweiten 11. September zu inszenieren? Und wird Moore es schaffen, dem allmächtigen Jorge Rojas das Handwerk zu legen? Man will es wissen, auch wenn die Lobhudelei auf God’s own country noch so nervt.

Altenteil?

Auf dem Cover fehlt er zwar, doch im Innern findet sich dann der Hinweis, dass Science-Fiction-Autor Peter Telep ebenfalls für „Gegen alle Feinde“ verantwortlich zeichnet. Gern hätte man erfahren, welche Rolle ihm bei der Entstehung des Buches zukam. Der Klappentext nennt wieder nur Tom Clancy als Autor. Der ist am 12. April 65 Jahre alt geworden. Ob er sich zur Ruhe gesetzt hat und nur noch schreiben lässt?

Eva Karnofsky

Tom Clancy  und Peter Telep: Gegen alle Feinde. ( Against All Enemies, 2011) Roman Deutsch von Michael Bayer. München: Wilhelm Heyne Verlag 2012. 847 Seiten. 24,99 Euro. Zur Homepage von Tom Clancy geht es hier, Thomas Wörtche über Tom Clancy lesen Sie hier. Zur Homepage von Eva Karnofsky geht es hier.

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