Geschrieben am 27. März 2010 von für Bücher, Crimemag

Gerben Hellinga: Dollars

WARUM???

Der Rezensent hat eine Frage an den Verlag, die sich viele Menschen stellen. FRANK GÖHRE spricht sie aus.

Als Janwillem van de Wetering noch anstelle seines Wehrdienstes in Amsterdam auf Polizeistreife war und Eindrücke speicherte, die ab 1975 in seine nach wie vor lesenswerten Krimis mit Brigadier de Gier, Adjutant Grijpstra und dem Commissaris einflossen, hatte der in der Schweiz geborene und in den Niederlanden aufgewachsene Gerben Hellinga schon drei „Thriller“ – so auf seiner Homepage – veröffentlicht. Sie seien „wirklich glaubwürdig … ohne Pathos und zwanghafte Ironie“, hieß es in einer damaligen Rezension.

Einfach schlecht

Es sind die Jahre 1966/67 und die drei Romane Dollar, Messer und Flames, die unter dem Pseudonym Hellinger erschienen waren, haben den Ex-Werbetexter Stefan Sid als Protagonisten.

Dollars – nach jetzt 44 Jahren erstmals als Dollars in deutscher Übersetzung erschienen – stellt Stefan Sid als einen Mann vor, der zweieinhalb Jahre im Knast saß, weil er einen Typ totgeschlagen hat, der prügelnd über seine Frau hergefallen war. Zum Dank dafür hat sie sich dann von ihm scheiden lassen. Nach seiner Haft verdingt sich Sid in Schweden als Holzfäller und kommt nach sechs Monaten mit 10.000 Kronen in der Tasche nach Amsterdam zurück. Er ist mit dem Flieger gekommen und hat in der Maschine sowohl einen dubiosen italienischen Sitznachbarn wie auch ein Zusammentreffen mit einer alten Freundin, die als Stewardess arbeitet. Daraus ergibt sich ein Fall, der etlichen Personen das Leben kostet und sich letztlich als 100-Millionen-Dollar-Falschgeldschmuggel aufklärt. Weil dieses Geschäft im Verlauf der Handlung weder für Stefan Sid und erst recht nicht für den Leser verständlich ist, braucht es zum Schluss des Romans eine langatmige, zehnseitige Erklärung eines Geheimdienstlers. Das zeichnet schlechte Kriminalromane aus.

Nun bin ich wirklich der Letzte, der gegen Neuentdeckungen oder Neuauflagen von Autoren und Titeln dieses Genres ist. Es sollte allerdings einen Sinn machen – sei es ein raffinierter Plot, atmosphärisch packend und sprachlich auf überdurchschnittlichem Niveau oder zumindest ein einprägsames, zeitgeschichtliches Abbild sein.

Dollars aber hat von all dem nichts. Und so ist die Frage: Warum bringt ein Verlag, der sich mit Neuveröffentlichungen der Romane von Charles Willeford, Ross Thomas, Leonard Schrader und Jörg Fauser verdient gemacht hat, diese Story nach über vier Jahrzehnten jetzt auf den Markt?

Frank Göhre

Gerben Hellinga: Dollars (Dollars, 1966). Roman.
Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers.
Berlin: Alexander Verlag 2010. 272 Seiten. 14,90 Euro.

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