Pick of the Week N° 14
– Seit Jahren bibliografiert, archiviert und kommentiert der Ehrenglauser-Preisträger Thomas Przybilka in seinem BoKAS (= Bonner Krimi-Archiv Sekundärliteratur) wissenschaftliche und publizistische Arbeiten aus aller Welt, die sich mit den unendlichen Facetten von Kriminalliteratur befassen. In unregelmäßig regelmäßigen Abständen erscheinen dann seine unschätzbar wertvollen Zusammenfassungen der aktuellen Sekundärliteratur, die jeder zur Kenntnis nehmen muss, der sich auch nur ein bisschen über seine Lieblingsliteratur kundig machen möchte. Ein solcher „Newsletter“ hat leicht einmal 160 bis 200 Seiten; deswegen empfiehlt CrimeMag unregelmäßig ein paar Titel aus dieser Fülle, die uns besonders bemerkenswert erscheinen.
Collinns, Max Allan / Traylor, James L.: Mickey Spillane on Screen
Als 1947 der Thriller „I, The Jury“ erschien, war dies in den USA eine Sensation. Autor Mickey Spillane (Frank Michael „Mickey“ Morrison Spillane, 9.3.1918–17.7.2006) war es gelungen, die amerikanische Krimi- und Thrillerszene gehörig aufzumischen. Sein Protagonist Mike Hammer agierte in einem Umfeld von Gewalt und Sex, das es bis dato in der Kriminalliteratur nicht gegeben hatte. Mickey Spillane hatte eindeutig bisher nicht angerührte Tabus gebrochen. Der Mann, der zeitweise als lebende Kanonenkugel im Zirkus gearbeitet hatte, hatte mit Mike Hammer eine für die Kriminalliteraur richtungsweisende Figur geschaffen.
Die toughen Kerle der hard-boiled Krimis wurden jetzt noch tougher, und Sex im Krimi war nicht mehr nur zwischen den Zeilen zu lesen, sondern wurde explizit geschildert. Auch im Film machte sich dieser Tabubruch bemerkbar, siehe z.B. die Filme, in denen James Bond, Dirty Harry of Shaft agierten. Es war keine Frage, dass auch die Mickey Spillane-Thriller verfilmt wurden. 1955 kam „Kiss Me Deadly“ in die Kinos, 1963 „The Girl Hunters“, in dem der Autor selber eine Rolle spielte. In den Filmen und TV-Serien nach den Romanen von Spillane verkörperten die Schauspieler Darren McGavin und Stacy Keach die Rolle des Mike Hammer. Max Allan Collins und James L. Traylor legen mit „Mickey Spillane on Screen“ ein umfangreiches und ausführliches Nachschlagewerk zu allen Mickey Spillane-Kino- und TV-Verfilmungen mit biographischen Anmerkungen zu den wichtigsten Akteuren und allen anderen wichtigen Daten vor. Ergänzt wird diese Filmographie durch ein ausführliches Interview mit Mickey Spillane.
Max Allan Collins wurde für seine Krimis von den Private Eye Writers of America (PWA) 16 Mal für den „Shamus“-Preis nominiert. Für seine Krimis „True Detective“ (1983) und „Stolen Away“ (1991) wurde er mit dem Preis ausgezeichnet und 2007 erhielt er von der PWA den „Lifetime Achievement Award“ für sein Gesamtwerk. Max Allan Collins lebt in Muscatine, Iowa. www.maxallancollins.com
James L. Traylor wuchs mit den Kriminalromanen über Perry Mason, Mike Hammer und Ellery Queen auf. Seine zahlreichen Fachartikel erschienen in „The Armchair Detective“, „The Mystery FANcier“, „Clues“, „Hardboiled“ und „The Oxford Companion to Crime and Mystery Writing“. James L. Traylor lebt in Meansville, Georgia.Collinns, Max Allan / Traylor, James L.: Mickey Spillane on Screen. A Complete Study of the Television and Film Adaptions. 2012, 222 S., 53 Fotos, McFarland, 978-0-7864-6578-1, US $ 45,00.
Powell, Steven (Hg): 100 American Crime Writers
Mit „100 American Crime Writers“ bietet Herausgeber Steven Powell einen Überblick über die Entwicklung der amerikanischen Kriminalliteratur vom sogenannten „Golden Age“ bis zu den Autorinnen und Autoren des „Hard-boiled“-Kriminalromans. Neben kurzen Untersuchungen von ausgewählten Primärtexten, die den Ruf der entsprechenden Autorin / des entsprechenden Autors begründeten, werden von den Beiträgern zu diesem Handbuch auch biographische und bibliographische Daten der ausgewählten Kriminalschriftsteller/innen aufgeführt. Diese prägnanten Kurzinformationen eignen sich bestens für einen ersten Überblick, der sich dann anhand von anderen Werken und Biographien/Bibliographien vertiefen lässt – man trifft so wieder auf einige Autoren/innen, deren Werke in Deutschland seit Jahren vergriffen sind und nicht wieder aufgelegt wurden. Steven Powell schließt „100 American Crime Writers“ mit seinen Empfehlungen, welche Romane der vorgestellten Kriminalschriftsteller/innen unbedingt zu lesen sind.
- Inhalt: Steven Powell: Introduction / Steven Powell: „Out of the Venetian Vase“. From Golden Age to Hard-boiled / Steven Powell: After These Mean Streets. Crime Fiction and the Chandler Inheritance / Verschiedene Beiträger über: Megan Abbott / Paul Auster / W.T. Ballard / Ann Bannon / Robert Bloch / Lawrence Block / Leigh Brackett / Gil Brewer / Fredric Brown / Howard Browne / Edward Bunker / James Lee Burke / W.R. Burnett / James M. Cain / Faul Cain / Truman Capote / John Dickson Carr / Vera Caspary / Raymond Chandler / Harlan Coben / Max Allan Collins / Richard Condon / Michael Connelly / Patricia Cornwell / Robert Crais / James Crumley / Carroll John Daly / Norbert Davis / Mignon G. Eberhart / James Ellroy / Janet Evanovich / William Faulkner / Kenneth Fearing / Rudolph Fisher / Kinky Friedman / Jacques Futrelle / Erle Stanley Gardner / William Campbell Gault / David Goodis / Sue Grafton / Davis Grubb / Frank Gruber / Dashiell Hammett / Thomas Harris / Carl Hiaasen / George V. Higgins / Patricia Highsmith / Tony Hillerman / Chester Himes / Roy Huggins / Dorothy B. Hughes / Day Keene / Jonathan Kellerman / C. Daly King / Jonathan Latimer / Dennis Lehane / Elmore Leonard / Ira Levin / Elizabeth Linington / Eleazar Lipsky / John Lutz / John D. MacDonald / Ross Macdonald / Dan J. Marlowe / Ed McBain / Horace McCoy / William P. McGivern / Margaret Millar / Walter Mosley / Marcia Muller / Frederick Nebel / Barbara Neely / William F. Nolan / Sara Paretsky / Robert B. Parker / George Pelecanos / Edgar Allan Poe / Melville Davisson Post / Richard S. Prather / Bill Pronzini / Ellery Queen (aka Dannay and Lee) / Arthur B. Reeve / Mary Robert Rinehart / James Sallis / George S. Schuyler / Viola Brothers Shore / Iceberg Slim / Mickey Spillane / Rex Stout / Jim Thompson / Ernest Tidyman / Lawrence Treat / S.S. Van Dine (Willard Huntington Wright) / Joseph Wambaugh / Carolyn Wells / Donald E. Westlake / Raoul Whitfield / Charles Willeford / Charles Williams / Cornell Woolrich / Bibliography / Suggested Reading / Index.
Steven Powell lehrt an der University of Liverpool.
Powell, Steven (Hg): 100 American Crime Writers. 2012, IX / 320 S., Palgrave Macmillan, 978-0-230-52537-5, £ 55,00.
Anderson, Jean / Pezzotti, Barbara / Miranda, Carolina (Hg): The Foreign in International Crime Fiction
Der „Andere“ oder der Fremde ist eine beliebte Figur im Kriminalroman. Sein „Außenseiter-Status“ ermöglichte Einblicke in halbwegs bekannte, aber auch exotische Orte. Gleichzeitig eignet sich die Figur des Fremden oder seine „transcultural representation“ bestens dafür, bestimmte Bereiche, wie z.B. nationale Identität, Globalisierung oder auch Fremdenfeindlichkeit etc. zu thematisieren. Die vorliegenden Essays, aufgegliedert in drei Teile, beschäftigen sich mit den „Fremden“ in den Kriminalliteraturen Skandinaviens, Indiens, Chinas, Europas und Australiens.
Inhalt: Acknowledgements / Contributors / Introduction
- Part 1: Inside Out or Outside In? The Scene of the Crime as Exotic Décor
Ellen Carter & Deborah Walker: Cannibalistic Maori Behead Rupert Murdoch. (Mis)representations of Antipodean Otherness in Caryl Férey’s „Maori Thrillers“ / Sabine Vanacker: A Desk is a Dangerous Place from which to Watch the World. Britishness and Foreignness in Le Carrè’s „Karla Trilogy“ / Philip Swanson: Havana Noir. Time, Place and the Appropriation of Cuba in Crime Fiction / Luo Hui: Shanghai, Shanghai. Placing Qui Xiaolong’s Crime Fiction in the Landscape of Globalized Literature / Jean Anderson: Seeing Double. Representing Otherness in the Franco-Pacific Thriller
- Part 2: Private Eyes, Hybrid Eyes. The In-Between Detective
Stewart King: Don’t Forget the Tejedor. Community and Identity in the Crime Fiction of Rosa Ribas / France Grenaudier-Klijn: An American in Paris or Opposites Attract. Dominique Sylvain’s „In-Between“ Bicultural Detective Stories / John Ramsland & Marie Ramsland: Arthur Upfield and Philip McLaren. Pioneering Partners in Australian Ethnographic Crime Fiction / Alistair Rolls: From Wolf to Wolf-Man. Foreignness and Self-Alterity in Fred Vargas’s „L’Homme à l’envers“ / Andrew Nestingen & Paula Arvas: Others Knowing Others. Stieg Larsson’s Millennium Trilogy and Peter Høeg’s „Simlla’s Sense for Snow“ / Keren Chiaroni: Smog, Tweed and Foreign Bedevilment. Bourland’s Twenty-First-Century Remake of the Sherlock Holmes Crime Story
- Part 3: When Evil Walks Abroad – Towards a Polticis of Otherness
Andrew Francis: The Meanest Devil of the Pit. British Representations of the German Character in Edwardian Juvenile Spy Fiction, 1900-14 / Carolina Miranda: Foreigners and the Foreign in Roberto Arit’s Detective Fiction / Barbara Pezzotti: Who is the Foreigner? The Representation of the Migrant in Contemporary Italien Crime Fiction / Margaret Sutherland: Images of Turks in Recent German Crime Fiction. A Comparative Study in Xenophobia / Carlos Uxó: The Representation of Chines Characters in Leonardo Padura’s „La Cola de la Serpiente“ (2000). Sinophobia or Sinophilia?
Jean Anderson ist Professorin an der Victoria University in Wellington, Neuseeland und Herausgeberin des „The New Zealand Journal of French Studies“
Barbara Pezzotti ist Jounalistin und Dozentin für Italienisch an der Victoria University in Wellington, Neuseeland
Carolina Miranda ist Dozentin an der Victoria University in Wellington, NeuseelandAnderson, Jean / Pezzotti, Barbara / Miranda, Carolina (Hg): The Foreign in International Crime Fiction. Transcultural Representations. 2012, 256 S., Continuum, 1-4411-2817-4 / 978-1-4411-2817-1, £ 60,00.
Thomas Przybilka