Geschrieben am 11. September 2013 von für Kolumnen und Themen, Litmag

Lena Blaudez: Bescheidener Vorschlag

Lena Blaudez hat eine Reihe praktischer und doch ganz modester Vorschläge, dem allgemeinen Wahnsinn der Welt zu begegnen. Diesmal gibt sie

RudiOrnithologische Warnhinweise

– Jüngste wissenschaftliche Studien lassen aufhorchen, die Population einer gewissen Raben-Art wächst rasant – und man muss sagen, mit nicht unerheblichen Risiken für die Umwelt. Wie jedem Naturliebhaber, Umweltfreund, Angler oder Jäger bewusst ist, gefährdet die Überhandnahme einzelner Tierarten das Gleichgewicht der Umwelt und damit die Harmonie des Großen und Ganzen. Gemeinhin wird – zum Wohle aller – dann dazu aufgerufen, eine nötige Anzahl der überschüssigen Art abzuschießen, zu angeln und zu töten, zu beseitigen eben, wie auch immer.

In unserem Fall, dem der besorgniserregend anwachsenden Anzahl der Raben-Mütter, wäre eine entschiedene Gegenwehr ratsam. Einerseits neigen diese nicht nur dazu, ihre Brut zu vernachlässigen (dazu kommen wir gleich) -, sie sind auch so dreist, anderen Rabenarten die Futternäpfe streitig zu machen, anstatt, wie es guter Raben-Art geziemt, sich mit Nestbau und –pflege nützlich zu machen. Rund die Hälfte aller Rabenfrauen mit Jungen bis zum Vorschulalter entscheidet sich schließlich, Hausfrau zu sein. Die meisten übrigen arbeiten selbstverständlich nur in Teilzeit, um sich ausreichend um die Brut kümmern zu kümmern. Übrigens arbeiten tatsächlich sechs Prozent der Raben-Männer in Teilzeit.

Aber diese Raben-Mütter! Sie kümmern sich ganz egoistisch um ihr berufliches Fortkommen! Sie geben ihre schutzlosen Kleinen in rabiate Rabenanstalten, wo sie dazu angehalten werden, sich mit Gleichaltrigen zu befassen! Das geht zu weit. Außerdem, und da wird es wirklich bösartig, dieses Volk, es vermiest ihren Jungen fast alles. Keine pränatale Schulung in klassischer Musik, selten Früh-Englisch, Mandarin erst in der Grundschule, ein tablet mit angesagten Apps erst, nachdem sie sprechen können. Ballett und Reitunterricht nur bei Wohlverhalten und Hotel Mama bis ins Erwachsenendasein gleich gar nicht. Das ist empörend.

Gift muss ja nun nicht gleich ausgelegt werden. Oder? Fallen stellen wäre auch eine akzeptable Variante. Schnapp, Klack und Matsch! Aber möglicherweise dient das eine oder andere abschreckende Beispiel einer Änderung zum Guten. Öffentliche Selbstbezichtigung wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Ein tägliches Pflicht-Training in angepasstem Raben-Verhalten, die eine oder andere Pflicht-Demo gegen Rabenkindergärten und: Entzug der Zuwendungen finanzieller und moralischer Art. Kein Rabenbetreuungsgeld, versteht sich, und auch keine Belobigungen, Orden oder Kreuze. Mit der Zeit wird das dann schon. Denn das Gute an der Sache: die mutierte Art der Raben-Mütter kann bei langem und ausdauerndem Training wieder zu richtigen, echten Raben-Raben werden.

Seltsamerweise existiert ihre Art nur in Deutschland. Rätselhafte Tierwelt! Weder in Frankreich, England oder gar Schweden hat man je von ihnen gehört oder auch nur einzelne Exemplare gesichtet. Das gibt den Ornithologen seit jeher Rätsel auf. Liegt es am Essen? Am Trinken? An der geistigen Nahrung?  Erziehung und Ausbildung in Vergangenheit und Gegenwart? Raben-Mütter sind eine deutsche Spezis. Warum gibt es sie nicht anderswo?

Von Raben-Vätern hört man übrigens selten oder nie. Das sollte zu denken geben. Väter verbringen im Durchschnitt täglich 20 Minuten mit ihren Jungen (Wochenende mitgerechnet), nutzen also die Quality-Time und kümmern sich um genau drei Prozent der Arbeiten rund um das Rabenjunge. Sie sind aber keine Raben-Väter. Diese Art der Raben-Veränderung kommt einfach nicht vor.

Dafür wächst aber der Anteil der Raben-Mütter. Es werden immer mehr. Meistens werden sie, gottseidank, rechtzeitig entdeckt. Wenn nun aber viele Raben-Mütter, ganz Schwärme, sich entwickeln  und lauthals existieren, wie es befürchtet werden muss, dann müssen sie sofort aus der Gemeinschaft ausgestoßen und isoliert werden, bevor dann einzelne Maßnahmen (siehe oben) greifen können.

Wissenschaftler fanden jetzt heraus, dass diese regional begrenzt vorkommende genetische Mutation durch die globale Klimaveränderung, schlechte Beispiele oder destruktive Literatur hervorgerufen werden kann. Manche sprechen sogar von einer drohenden Epidemie, die möglicherweise mit erschreckend kurzer Inkubationszeit zu einem Massenphänomen ausufert. Es kann sein! Darum rufen verantwortungsvolle Wissenschaftler schon jetzt dazu auf, achtsam zu sein.

Wer eine Raben-Mutter sieht, von ihr gehört hat – oder gehört hat, dass jemand sie gesehen oder von ihr gehört hat, sollte das an Rabenmuttermeldestellen, die demnächst in jeder Stadt, jedem Bezirk, jedem Dorf gegründet werden, melden.  Passen Sie auf! Machen Sie mit! Es geht um unser aller Wohl!

Lena Blaudez

Zur Homepage von Lena Blaudez. Bild: Spielzeugfigur Rabe Rudi von Siebenstein.

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