Geschrieben am 19. März 2014 von für Film/Fernsehen, Musikmag

Lisa Barros D’Sa/ Glenn Leyburn: Good Vibrations

Good_VibrationsTeenage Dreams, So Hard To Beat

– Die Anfangstage von Punk und Wave in einem Feel-Good-Film zu verarbeiten, das klingt nach einem gewagten Unterfangen. In Nordirland ist es geglückt, die Story von Belfasts Pionier Terri Hooley, u.a. Entdecker der Undertones („Teenage Kicks“), bringt Musikliebhabern tatsächlich eine Menge Freude, ab dem 8. Mai 2014 ist Good Vibrations auch in deutschen Kinos zu sehen. In New York dagegen ist ein Projekt offenbar grandios gescheitert – der legendäre Club CBGB scheint weiterhin auf ein filmisches Denkmal zu warten. Von Thomas Backs

Ein Ex-Hippie, der im Belfast der finsteren 1970er-Jahre auf dem Höhepunkt der Troubles – gewalttätigen Konflikten zwischen Protestanten und Katholiken – seinen Plattenladen in einem der am heftigsten umkämpften Viertel eröffnet (O-Ton: „Bringing Reggae to the people of Belfast“), dann mit Punk zum Label-Inhaber und Undertones-Förderer wird, das ist schon eine märchenhafte Geschichte. Terri Hooley ist in Irland und Großbritannien eine Legende, seine Story bietet eine Menge Stoff.

Ein Biopic, an dem Julien Temple (u. a. The Filth And The Fury und Joe Strummer – The Future Is Unwritten) vielleicht auch seine Freude gehabt hätte, in Nordirland kam das Duo Lisa Barros D’Sa/Glenn Leyburn mit Good Vibrations zum Zug. Manch ein Filmemacher wäre an ihrer Stelle mit dem vorliegenden Stoff vielleicht der Versuchung erlegen, den Troubles in all ihren Ausprägungen noch deutlich mehr Gewicht zu geben – das wäre auch durchaus möglich gewesen.

Good Vibrations1

Bild: © Universal Pictures

Alternative Ulster

Barros D’Sa und Leyburn haben sich jedoch ganz bewusst für den Mann und die Musik entschieden – Terri Hooley (gespielt von Richard Dormer), Punk, der Shop und das Label ‚Good Vibrations‘ stehen im Zentrum – es geht im Film vor allem um die Anfangstage des ‚Alternative Ulster‘, in der Handlung veranschaulicht an den Beispielen der erfolgreichsten Band (The Undertones aus Derry) und einer bis heute außerhalb Nordirlands weniger bekannten (The Outcasts aus Belfast).

Präsent ist der Konflikt zwangsläufig zwar immer, Barros D’Sa/Leyburn wählen für ihr Werk aber vor allem kurze, eingeschobene Sequenzen aus Original-Bildern, setzen die Handlung um Terry und seine heutige Ex-Frau Ruth (Jodie Whittaker) so immer wieder in ihren historischen Kontext.

Die Energie, mit der Punk und Wave damals nach Europa kamen, sie ist auch in diesem Feel-Good-Film spürbar, dem Betrachter wird schnell klar: Die neue musikalische Welt, sie muss damals, im tristen, von Gewalt erschütterten Belfast noch viel mehr gewesen sein als an anderen Orten. „Punk hatte in Belfast eine andere, weiter gehende Bedeutung. Zu sagen: ‚Wir machen da nicht mit, es ist uns egal, ob Du Protestant oder Katholik bist‘ “, erklärt der echte Terri Hooley im Interview, das zum Bonus-Material des Films gehört. Sein Darsteller Richard Dormer ruft es im Film von der Bühne: „New York hat die Frisuren, London hat die Hosen – Belfast hat die Gründe !“

(Anmerkung: Der Autor dieser Zeilen kennt nur die englischsprachige Original-Version des Films. Gut möglich, dass für die deutsche Synchronisation an bestimmten Stellen eine andere Übersetzung gewählt wurde, z.B. für das Wort ‚Haircuts‘.)

Hauptdarsteller Richard Dormer hätte die Nachwehen dieser wilden Zeiten rein theoretisch selbst noch bewusst miterleben können, hatte als Schüler mit der Gegenkultur jener Tage nach eigenen Angaben aber rein gar nichts am Hut. Rückblickend wertet Dormer diesen Umstand wie seine Filmpartnerin Jodie Whittaker als positiv, beide konnten sich ganz unvoreingenommen, ohne persönliche Bindung an die Künstler & den Pionier, mit ihren Rollen beschäftigen. Das Ergebnis imponiert, Richard Dormer bringt die Lebensfreude und Begeisterung Hooleys glänzend rüber, nicht zuletzt durch ihn und sein Zusammenspiel mit Whittaker kann dieses Biopic aus Belfast begeistern.

Starke Szenen hat der Film einige, z.B. den Besuch von vier jungen Männern aus Derry, die Terri Hooley massiv bedrängen, ihre Band unter Vertrag zu nehmen. Oder auch den Moment, in dem John Peel die Single „Teenage Kicks“ zum ersten Mal in seiner Sendung auflegt.

Der Kino-Start von Good Vibrations in Deutschland ist für den 8. Mai 2014 angesetzt, nach dem großen Erfolg in Großbritannien und Irland (Gewinner ‚Galway Film Fleadh Audience Award‘ und ‚The Belfast Film Festival Audience Award‘) kommt der Film nun also auch auf unsere Leinwände.

Bild: © Universal Pictures

Bild: © Universal Pictures

CBGB mit Alan Rickman

Ebenfalls aus dem Jahr 2013 stammt ein US-Spielfilm über die Geschichte des legendären CBGB, verfilmt von Regisseur Randall Miller. Für dieses Werk ist ein deutscher Starttermin bisher nicht zu finden, auch für gewöhnlich gut unterrichtete Menschen können keine Hinweise darauf entdecken.

Realistisch scheint, dass europäische Musikliebhaber auch diesen Film irgendwann im Heimkino schauen können, wenn die handelsübliche Kauf- und Leihvariante für unseren Kontinent auf den Markt kommt. Begründete Zweifel an der Annahme, dass dieser Feel-Good-Film (Hauptdarsteller: Alan Rickman) ebenfalls einen vergnüglichen Abend liefert, die bestehen allerdings. Die Reaktionen in den USA waren doch sehr verhalten.

Die Story über New Yorks Geburtstätte des Punk, mit Namen wie Patti Smith, Iggy Pop, Television, Talking Heads, Blondie und den Ramones, die bringt auch für die Verfilmung zwangsläufig hohe Erwartungen. Erfüllt wurden diese ganz offensichtlich nicht. Das Fehlen der Ramones auf dem offiziellen Soundtrack könnte ein Indiz dafür sein, dass bei der Umsetzung ganz grundsätzlich einiges falsch lief. Zu finden auf dem OST: Joey Ramone solo, mit „I Got Knocked Down (But I’ll Get Up)“. Erfreulich klingen in diesem Zusammenhang eher die Gerüchte, dass sich Linda Ramones Pläne für ein Biopic über die Band konkretisieren. Die Frau des verstorbenen Gitarristen Johnny gehört zu den Rechteinhabern, hat laut US-Medienberichten Angebote für Spielfilm-Projekte vorliegen.

„Beurteile einen Film niemals nach seinem Trailer“ heißt eine alte Regel, aber: diese Vorschau aus den US-Kinos wirkt dann auch nicht wirklich verheißungsvoll, verstärkt eher die Skepsis.

Good_Vibrations_SoundtrackWer in diesen Tagen gut sortierte Plattenläden besucht, hat dafür gute Chancen, die Soundtracks zu beiden Streifen in den Händen zu halten. Während sich auf CBGG das Who Is Who des Clubs eben ohne die Ramones versammelt (inklusive Wayne County & the Electric Chairs, The Dead Boys, Richard Hell and the Voidoids und The Heartbreakers) , mit vielen Standards und wenigen Überraschungen, ist das Album zu Good Vibrations besonders liebevoll zusammengestellt.

24 Tracks, die Terri Hooley himself gemeinsam mit David Holmes kompiliert hat, vereinen persönliche Favoriten des Label-Gründers, etwa Hank Williams („I Saw The Light“), The Shangri-Las („Past, Present And Future“) und Bert Jansch („Angie“) mit Hits und Tipps von Rudi, The Outcasts, Stiff Little Fingers, The Undertones bis The Saints. David Holmes zeichnete auch für den Film Score verantwortlich. Der DJ und Musiker gehört im Belfast der Gegenwart zu den populärsten Künstlern, hatte auch als Produzent maßgeblichen Anteil an der Umsetzung des Projekts Good Vibrations.

Thomas Backs

Good Vibrations (UK, Irland, 2013), 102 min. Regie: Lisa Barros D’Sa, Glenn Leyburn. Buch: Colin Carberry, Glenn Patterson – mit Richard Dormer, Jodie Whittaker, Michael Colgan, Adrian Dunbar, Liam Cunningham, Dylan Moran, Karl Johnson.
Good Vibrations. OST, Ace Records (Soulfood), 2013.
CBGB (USA, 2013), 101 min. Regie: Randall Miller. Buch: Randall Miller, Jody Savin – mit Alan Rickman, Malin Åkerman, Freddy Rodriguez, Stana Katic, Richard de Klerk, Rupert Grint.
CBGB. OST, Omnivore Recordings (Universal), 2013.

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