Geschrieben am 29. November 2014 von für Bücher, Crimemag, Kolumnen und Themen, Nachruf

Ein Nachruf auf P. D. James von Joachim Feldmann

PD_James_CologneEine Ära geht zu Ende

– P. D. James Roman „An unsuitable job for a woman“ hatte 1972 schon eine Privatdetektivin als Heldin, damit lag sie schon genau so quer zum Zeitgeist, wie sie später mit erzkonservativen Sprüchen über die mangelnden moralischen Optionen der unteren Klassen ganze Diskussionswellen im UK provozierte.  Unter Maggie Thatcher wurde Phyllis Dorothy James die Baroness James of Holland Park. Mit der liberalen Ruth Rendell war sie bestens befreundet und selbst wer Bedenken gegen ihren literarischen Umgang mit den gesellschaftlichen Realitäten hegte, hatte hohe Achtung vor ihr. Am 27. November ist sie im Alter von 94 Jahren gestorben. Ein Nachruf von Joachim Feldmann.

Jeder Schriftsteller, das war ihre feste Überzeugung, ist Teil der Kultur seines Landes. Und nie werde er sich völlig von ihr lösen können. In ihrem Fall handelte es sich um das England der gebildeten Mittelschicht, dessen zentrale Institutionen – die Monarchie, das Empire, die anglikanische Kirche, das tradierte Rechtssystem, die Londoner Finanzwelt und die altehrwürdigen Universitäten – zwar kritisiert werden durften, deren Notwendigkeit aber nie in Frage gestellt wurde.

P.D.James_ The_Private_PatientNun mag man einwenden, dass es diese wohlgeordnete Gesellschaft auch im Jahre 1920, als Phyllis Dorothy James als Tochter eines Steuerinspektors in Oxford geboren wurde, wahrscheinlich nicht mehr gab, wenn sie überhaupt jemals existiert hat. Und tatsächlich musste die Kriminalschriftstellerin P. D. James in ihren späteren Jahren mit dem Vorwurf leben, ihre Romane, in denen in der Regel aus wohlüberlegten Gründen gemordet wird, seien abseits der sozialen Wirklichkeit Britanniens angesiedelt. Gerecht wird man ihr damit nicht. Zwar war P. D. James Blick auf die Verwerfungen der britischen Gesellschaft deutlich konservativ geprägt – nach ihrer Erhebung in den Adelsstand saß Baroness James of Holland Park für die Tories im Oberhaus –, aber das änderte nichts am realistischen Gehalt ihrer – ansonsten nach dem klassischen Whodunit-Muster gestrickten – Detektivromane.

P.D. James_Der_Tod_kommt_nach_Pemberley1962 erschien ihr Debüt „Cover her Face“ (dt. „Ein Spiel zuviel“, 1982), in dem Adam Dalgliesh seinen ersten Auftritt hat. Fast ein halbes Jahrhundert lang hält sie dem nur ausgesprochen langsam alternden Kriminalisten die Treue – erst im Jahre 2008 löst er in „The Private Patient“ („dt. „Ein makelloser Tod“, 2009) seinen letzten Fall. Dalgliesh ist der romantische Held par excellence: elegant und introvertiert, sensibel und gebildet. Wenn er keine Morde aufklärt, schreibt er Gedichte.

P. D. James selbst hat lange darunter gelitten, dass ihre Familie nicht das Geld aufbringen konnte, um ihr den Besuch einer Universität zu ermöglichen. Als junge Frau begann sie für den National Health Service zu arbeiten. Bis zu ihrem Ruhestand im Jahre 1979 blieb die Schriftstellerei, trotz ihres großen Erfolges, ein Nebenberuf.

Jane_Austen_Stolz_Und_VorurteilP. D. James kannte sich aus in ihrem Genre. Sie schätzte Dashiell Hammett, Raymond Chandler und Ross Macdonald ebenso wie die großen Damen des britischen Detektivromans: Agatha Christie, Dorothy L. Sayers, Ngaio Marsh und Margery Allingham. Aber ihre große Liebe galt Jane Austen, deren Roman „Emma“ sie einmal mit großem Vergnügen als Detektivgeschichte interpretiert hat. So ist es nur folgerichtig, dass P. D. James mit „Death Comes to Pemberley“ (dt. „Der Tod kommt nach Pemberley“, 2013) eine kriminalistische Fortsetzung von Austens „Stolz und Vorurteil“ schrieb.

Mit dem Tod von Phyllis Dorothy James, die am 27. November 2014 im Alter von 94 Jahren gestorben ist, geht eine Ära zu Ende. Zwar scheint die von ihr gepflegte Form des Detektivromans lebendig wie eh und je, was interessanterweise vor allem amerikanischen Autorinnen wie Elizabeth George oder Martha Grimes zu verdanken ist. Ob sie allerdings der großartigen Baroness James of Holland Park das Wasser reichen können, steht auf einem anderen Blatt.

Joachim Feldmann

Eine Bibliografie gibt es hier. Autorenfoto: PD James Cologne, Smalltown Boy/wikimedia commons

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