Geschrieben am 24. Januar 2015 von für Bücher, Crimemag

Alaric Hunt: Die Stadt der toten Mädchen

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– Blöde Sprüche, unschlüssige Handlung, seltsame Redaktion – so ziemlich alles schlecht gelaufen bei „Die Stadt der toten Mädchen“ von Alaric Hunt. Klaus Kamberger schüttelt sein Haupt …

Prima: Da kriegt also einer für sein Debüt einen Preis beim „Best First Private Eye Novel Contest“. Und auch wenn man von dem Wettbewerb bisher vielleicht nicht viel gehört hat – mal wieder einen richtig schön traditionellen Schmöker in die Finger zu kriegen, wäre doch was, oder?

Dann kommt aber auch noch als Sahnehäubchen die Zugabe oben drauf, dass die Jury, als sie den Preis überreichen will, doch tatsächlich im Knast um eine Besuchserlaubnis ansuchen muss. Überraschung! The winner is … a jailbird! Alaric Hunt, der Autor, saß tatsächlich gerade wegen Totschlags im Gefängnis.

Da wird man doch doppelt neugierig, oder? Und stolpert dann so prompt wie unversehens in ein über mehr als 400 Seiten ausuferndes Debakel.

Kein Zweifel: Sich an Vorbilder anzulehnen, muss nicht per se schon als Hinweis auf mangelnde Originalität gewertet werden, sondern kann auch Ausweis von Ehrlichkeit sein: Seht her, ich bekenne mich und tue nicht so, als hätte ich das Rad neu erfunden. Aber dann muss man auch liefern und erstens zeigen, dass man bei Mickey, Ed und Jim gelernt hat, was Erzählökonomie ist, und zweitens wissen, dass coole Sprüche, wie sie die längst mythisch gewordenen „private eyes“ drauf hatten, ganz, ganz große Kunst sind, an denen man sich als Volontär nur die Finger verbrennen kann …

Ein Debakel

Fazit: Eine noch so bunte Mischung von Szenen aus der Welt der Gauner und Streuner auf (und unter) New Yorks Straßen macht noch lange keine unterhaltsame Geschichte, schon gar keine schlüssige, sondern kann zu einer immer fader schmeckenden Suppe werden. Und Sprüche wie „Sie schlängelten sich durch den Verkehr, als wollten sie sichergehen, dass der Geruch aus der Pfandleihe ihnen nicht folgen konnte, ohne von einem Auto niedergefahren zu werden“ oder „Guthries Schuss fügte sich zwischen die leichteren Kugeln wie ein kräftiges Stück Roastbeef in ein Weißbrotsandwich“ als „missglückt“ zu bezeichnen, dürfte wohl als eine der fairsten Umschreibungen für „garbage“ in die Geschichte der Krimi-Kritik eingehen …

Alaric_Hunt_Cuts_through_boneOder hat man da am Ende einen an sich guten Übersetzer verschlimmbessert? Weiter wundern tät’s nicht, denn die Unbeholfenheiten türmen sich nur so: „Die scharf geladene .40er donnerte mit einem lauteren Knall als die kleinere Automatik des blonden Mannes.“ – „Der Garment District war wie immer verstopft von rollenden Kleiderständern, und laute Rufe begleiteten Lieferungen in letzter Sekunde.“ – „Der schwache Scherz des kleinen Detektivs löste ein reflexhaftes, leises Auflachen aus.“

Wer, bitte, kauft bei Ullstein nur derlei dubiosen Schund ein und lässt ihn derart hilflos redigiert auf den deutschsprachigen Teil der Menschheit los? Anders gefragt: Gibt es etwa bei Ullstein in den Lektoraten Leute, die das Lesen und Gegen-Lesen schon wieder verlernt haben könnten? Berufsbedingt?

Klaus Kamberger

Alaric Hunt: Die Stadt der toten Mädchen (Cuts through Bone, 2013). Roman. Deutsch von Peter Friedrich. Berlin: Ullstein 2014. 414 Seiten. 9,99 Euro. Verlagsinformationen zum Buch.

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