Geschrieben am 29. September 2012 von für Crimemag, Kolumnen und Themen

Grundsatzpapier von Klaus Kamberger

Was haben die Kanzlerin und der „Tatort“ gemeinsam? Alternativlos viel … Eine Glosse von Klaus Kamberger.

Eckpunkte zur Überwindung der strukturellen Schwachstellen in der postindustriellen Gesellschaft

(Ein brisantes Fundstück aus der Berliner Polit-Küche, hier erstmals und exklusiv dokumentiert von CrimeMag.)

Entwurf eines Grundsatzpapiers zu einer alternativlosen Wende zum Guten

Auf den üblichen Berliner Schleichwegen ist CrimeMag ein Dokument aus dem Dunstkreis politischer spin doctors durchgestochen worden, das unseres Erachtens der pp. Leserschaft allein schon deswegen zu Kund & Wissen weitergereicht werden muss, weil da ein potenter, auf der Generalsekretärsebene angesiedelter Think-Tank einen vielsagenden Bogen schlägt von diesem zu jenem, von hier nach dort, vom Dies zum Das, kurz: vom Überflüssigen zum Allumfassenden.

Hier nun der als „vorläufiger Konzeptualisierungsentwurf“ bezeichnete Text:

1. Erste und sowohl grundlegende als auch substanzielle Schwachstelle in unserer freiheitlich-demokratisch verfassten Gesellschaft ist der Mensch als solcher.

2. Diese historische Einsicht ist insoweit unumkehrbar (wir verweisen dazu nur auf einen unserer hierzulande anerkannt robusten Grundwerte, die sogen. „Erbsünde“), als wir dem in diesem Zusammenhang als idealtypische Manifestation dieses Phänomens zur Dauereinrichtung gewordenen ARD-„Tatort“ eine nachhaltig erkenntnistheoretische Dimension zuschreiben können. (Der „Tatort“ ist ja bekanntlich selber eine längst unumkehrbare Einrichtung geworden, die selbst die Bundesrepublik wohl noch um etliche Epochen überleben wird.)

Der Mensch, lautet jedenfalls unsere entsprechend alternativlose These, ist von Natur aus weniger gut, als er uns glauben machen möchte (sonst gäbe es den „Tatort“ schließlich gar nicht).

Daraus lassen sich qua Antizipation schon einmal folgende Schlüsse ziehen:

  • Angesichts der gegenwärtig zu beobachtenden und so auch in die Zukunft zu projizierenden demografischen Entwicklung handelt es sich bei unserem Projekt um einen strategisch ausgerichteten Prozess mit wachstumsorientierter Dimension, auf den die Politik zeitnah zu reagieren hat.
  • Der Mensch muss dabei wieder rückhaltlos auf ein unverrückbares Wertesystem eingeschworen werden, zu dem der „Tatort“, vor allem aber die allumfassende Moral, die er stets am Ende zu verkünden weiß, Entscheidendes beitragen kann.
  • Mit Blick auf eine Erfolgsoptimierung in dieser Richtung dürfte es indes wenig hilfreich sein, den öffentlichen Diskurs bloß auf jene Schnittstellen zu fokussieren, die die Konsensfähigkeit der Menschen im Lande ohnehin auf der Agenda haben; statt dessen müssen wir die Menschen dort abholen, wo sie sich aufhalten, und mitnehmen.
  • Wenn wir indessen die Menschen mitnehmen wollen, müssen wir unsere Fähigkeit einbringen, die es uns potentiell ermöglicht, die Umstände zu analysieren, unter denen wir sie abzuholen haben. Dabei gehen wir davon aus, dass eigentlich jeder, der von etwas ausgeht, auch weiß, in welche Richtung er dann geht – nämlich immer nach vorne. In unserem Falle kann also davon ausgegangen werden, dass ein Schritt nach vorne aus sich heraus schon eine Optimierung bedeutet, der abgeholte Mensch also tendenziell besser werden wird, als er vorfindlich derzeit noch ist. Daraus ergibt sich quasi zwangsläufig, wohin die Reise geht, nämlich in eine Welt, in der der „Tatort“ metaphysisch schon ist, und das heißt: auf Augenhöhe mit der Zukunftsfähigkeit des Menschen.


3. Eine ganz besondere Herausforderung werden die einerseits globale, andererseits konzeptionelle Ausrichtung und überdies eine sozialverträgliche Vernetzung aller Akteure – der Politik auf der einen und der Menschen auf der anderen Seite – sein, und zwar mit dem Fokus auf ihre jeweilige gesellschaftliche Verortung in ihren Milieus.

4. Im Zuge dieses graduell fortschreitenden Prozesses ist das Augenmerk vor allem darauf zu richten, dass alle Beteiligten im umfassenden Sinne ihre jeweils grenzüberschreitenden Hausaufgaben machen und so bewusst der Gefahr begegnen, ihre einmal gefassten Vorsätze vorschnell an die Wand zu fahren. Hier gilt es vorrangig, sich die epochalen Erkenntnisse einer gewissen „A.M.“ (wohl nicht nur vorübergehend und ganz gewiss nicht zufällig im Kanzleramt domizilierend) zu Herzen zu nehmen: „Wir müssen“, sagte sie in einem wegweisenden Beitrag zur Euro-Krise, „schließlich alle unsere Hausaufgaben machen, und nicht nur das! Wir müssen sie auch glaubwürdig machen!“

5. Um aber die subkutane Kriminalität in unserer Gesellschaft entlang den Lösungsmustern des „Tatort“ ein Stück weit wieder in trockene Tücher zu bekommen, ist eine präzise Beobachtung der dabei entstehenden, indessen oft unübersichtlich werdenden Gemengelage im Spannungsfeld zwischen den privaten und öffentlichen Schnittmengen unerlässlich; diese Gemengelage lässt sich aufgrund der bereits erwähnten Unübersichtlichkeit mittel- und vor allem langfristig nur durch signifikant rückhaltlose Lackmustests evaluieren.

6. Dem Verbrechen und seinen Derivaten als systemischen Bausteinen unserer Gesellschaft kann nur dann eine krachende Niederlage bereitet werden – und dies durchaus unter Hinnahme einer hier und da schallenden Ohrfeige –, indem die Politik im Schulterschluss mit den beamteten (vulgo staatstragenden) Ermittlern ihre jeweils in Frage kommenden Profile schärft, und dies ohne Rücksicht auf Ross und Reiter. Sich dabei stets warm anzuziehen, wird so zu einer Komponente des kollektiven Handelns.

7. Grundlegend für diesen Ansatz ist, dass zur Erreichung dieser hochgesteckten Ziele ordentlich Geld in die Hand genommen wird, weil sonst den systemrelevanten Überkapazitäten der kriminellen Parameter unserer Gesellschaft plötzlich quasi die auf dem Silbertablett die Gelegenheit geboten würde, ihrerseits klare Kante zu zeigen.

8. Jeglichen allfälligen Tendenzen zur Intransparenz und sonstigen gesichtswahrenden Maßnahmen seitens der Menschen (seien sie nun Bürger, Wähler oder Täter) kann nur mit sachorientierter Kernkompetenz unter Berücksichtigung einer strikten Werteorientierung begegnet werden.

9. Entscheidend ist mithin, dass sich die Politik gegenüber den Menschen breitestmöglich aufstellt und auf Augenhöhe die richtigen Schritte in die richtige Richtung unternimmt, ohne jemals aus taktischen Gründen zurückzurudern.

10. Seitens all dieser Implikationen wird so schlussendlich ein Paradigmenwechsel auf den Weg gebracht, dem die notwendige Dynamik zu einem innovativen Schub nach vorne innewohnt und der den Menschen als potentiellen Störfaktor im gesellschaftlichen Vollzug endgültig seiner wahren Bestimmung zuzuführen geeignet ist – nämlich sich mitnehmen zu lassen. Wohin auch immer.

Aus diesen zehn Eckpunkten lassen sich für die Politik demgemäß drei exemplarische Schlussfolgerungen ziehen, an denen sich unser leitkultureller Anspruch kraftvoll festmachen lässt:

  • Vom „Tatort“ lernen heißt, siegen lernen.
  • Politik muss ihre unverzichtbaren Botschaften wieder zielführend auf den Weg bringen.
  • Nur wenn wir alternativlos bei den Menschen sind, sind die Menschen auch ganz bei sich (und somit bei uns).

Klaus Kamberger

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