Geschrieben am 11. April 2015 von für Crimemag

James Hankins: Brothers and Bones. Blutige Lügen

James Hankins_Brothers and BonesBig Pants und wenig Logik

– „Brothers and Bones. Blutige Lügen“ von James Hankins variiert Standardsituationen standardisierter Thriller recht vergnüglich. Kann man mal lesen, findet Joachim Feldmann.

Charlie Beckham ist ein junger Mann mit glänzenden Aussichten. Als rechte Hand des obersten Bundesstaatsanwalts für Massachusetts, der zufällig auch noch sein Schwiegervater in spe ist, scheint dem gewieften Juristen eine steile Karriere sicher. Nicht immer sah es in seinem Leben so rosig aus. Er war noch ein Kind, als seine Eltern bei einem Verkehrsunfall ums Leben kamen. Dann kümmerte sich sein älterer Bruder Jake um ihn, doch auch der ist seit dreizehn Jahren spurlos verschwunden. Lange hat Beckham vergeblich nach ihm gesucht, bis er ihn schließlich für tot erklären ließ.

Und nun nennt ihn in der U-Bahnstation – er ist auf dem Weg zu einer wichtigen Verhandlung – ein obdachloser Bettler bei jenem Spitznamen, den niemand außer seinem Bruder kannte. Kein Wunder also, dass Beckhams Auftritt im Gerichtssaal kurze Zeit später zum totalen Desaster gerät. Aber das ist nur der Anfang. Menschen in seinem Umfeld beginnen, sich merkwürdig zu verhalten, ein Freund und Kollege will ihm ans Leder, und dann steht plötzlich ein fieser Mafiakiller in seiner Wohnung. Sein Retter ist ausgerechnet der Obdachlose aus der U-Bahnstation. Und schon befindet sich das seltsame Paar auf der Flucht – schließlich ist bei dem überstürzten Aufbruch eine Leiche zurückgeblieben.

627px-Boston_downtown_skylineBonz

Für Charlie Beckham beginnt eine emotionale Achterbahnfahrt, die durch eine Reihe handfester körperlicher Auseinandersetzungen, in denen sich Bonz, so der Name des seltsamen Obdachlosen, als furioser Kampfsportler erweist, immer wieder unterbrochen wird. So dauert es eine Weile, bis dem vom Schicksal gebeutelten Juristen aufgeht, dass sein bisheriges Leben unter einem höchst unheilvollen Einfluss stand, ohne dass er etwas davon mitbekommen hätte.

Belassen wir es bei Andeutungen: Der verschwundene Bruder war ein investigativer Journalist und besaß offenbar etwas, an dem einem Bostoner Obermafioso sehr gelegen ist, sodass er keine Kosten und Mühe scheut, es in die Hände zu bekommen. Und er vermutet den Gegenstand in Beckhams Besitz.

Für den amerikanischen Autor James Hankins, der sich diese Variante einer beliebten Thrillerkonstellation für seinen Roman „Brothers and Bones“ ausgedacht hat, ergibt sich so die schöne Möglichkeit, einen rasanten Plot mit vielen hinreißenden Action-Szenen zu konstruieren, in denen wir üblen Typen mit so tollen Namen wie Anthony „Big Pants“ Pantuso, Joey Randazzo oder Vincent „Vinnie C.“ Colangelo begegnen. Der Logik der Handlung nachzusinnen ist während der Lektüre allerdings tunlichst zu vermeiden. Und man sollte Charlie Beckham, der die haarsträubende Geschichte selbst erzählen darf, kein Wort glauben, wenn er bereits auf Seite 187 zu Beginn von Kapitel 22 verkündet: „Nun hatte ich endlich Gewissheit“.

Joachim Feldmann

James Hankins: Brothers and Bones. Blutige Lügen. Thriller (Brothers and Bones. 2013). Aus dem Amerikanischen von Alice Jakubeit. München: Piper Verlag 2015. 508 Seiten. 9,99 Euro. Verlagsinformationen zu Buch und Autor.
Joachim Feldmann ist Mitbegründer und Herausgeber der Literaturzeitschrift Am Erker.
Foto: Boston downtown skyline, Nelson48, wikimedia commons, gemeinfrei

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