Im Auftrag Deutschlands an vorderster Front – Natalia Wörner.
Sie hat die Lee Strasberg Schauspielschule in New York und den Tsunami im thailändischen Khao Lak überstanden, physisch zumindest, aber tief berührt: Eine junge, schwer verwundete Frau aus Deutschland, 20 Jahre alt, sagte zu mir: Ich kenn dich doch! Du bist Schauspielerin! Du bist Natalia.
Natalia! Die Schauspielerin! – Die Natalia Wörner! Bleibst du bei mir, passt du auf mich auf? – Ich kümmerte mich um sie.
Das hat sie oft und gern erzählt in Talkrunden und in „Bild“ und „Welt“, und wurde für ihr öffentlichkeitswirksames Hilfsprojekt „Tsunami Direkthilfe“ dann auch mit dem Bundesverdienstkreuz aus der Hand des gesamtdeutschen „Wanderpredigers“ honoriert: Da geht man schon kurz in die Knie.
Sie hat die Casting Show zur Auswahl der „Scarlett“ für die Verfilmung der Romanfortsetzung von „Vom Winde verweht“ und als Mutter die Dreharbeiten mit ihrem eineinhalbjährigen Sohn als Nebendarsteller verkraftet: Er ist ein sehr soziales Kind und der große Küsser in der Kita … ich finde es wichtig, dass er mit anderen Kindern zusammen ist und ein Mensch wird, der auf seine Mitmenschen eingeht und gleichzeitig sich seiner eigenen Stärken bewusst ist.
Der Küsser, dieser kleine Schlingel!
Sie hat in mehreren Dutzend Fernsehspielen so unterschiedliche Charaktere wie Psychopathin und Hure, Krankenschwester und Mutter, hochschwangere (in echt) Kommissarin und Staatsanwältin gemimt und ist dabei immer bis an alle Grenzen und darüber hinaus gegangen. Unter extrem körperlicher und seelischer Belastung: Ich finde es großartig, wenn ein Mensch sich mit seiner ganzen Persönlichkeit ins Spiel bringt. Das gilt im Leben, wie im Beruf. Wenn jemand etwas mit Leidenschaft betreibt, wird er dadurch attraktiv.
Sie nimmt pro Jahre drei bis vier größere Rollen an. Schauspielerische Kraftakte durchweg, wie sie sonst nur noch von ihren Kolleginnen Maria Furtwängler in „Die Flucht“ oder Veronica Ferres in „Marco W. – 247 Tage im türkischen Gefängnis“ gestemmt und vermarktet werden konnten: Nie wurden Leiden und Schmerz schöner gezeigt.
Ihre Rolle als Ellen in der Verfilmung von Ken Folletts Historien-Bestseller „Die Säulen der Macht“ war zudem ein Geschenk das mich genau zu dem Zeitpunkt in meinem Leben abgeholt hat, an dem ich wirklich bereit war und offen, mich voll in diese essenzielle Weiblichkeit hineinfallen zu lassen.
48 Jahre alt aber musste die gebürtige Stuttgarterin und nach zwei Jahren Ehe mit dem Erzeuger ihres Sohns mittlerweile alleinerziehende Mutter erst werden, um bei Dreharbeiten in Baden-Württemberg die Erfahrung machen zu können, dass das Land und das Schwabentum zur DNA meines Lebens gehören … ich sah die Landschaft, die unglaubliche Wertigkeit dieser Region, das gute Essen, erlebte freundliche und zufriedene Menschen.
Anlass für dieses Bekenntnis war ihre Rolle in der Schwabenkomödie „Die Kirche bleibt im Dorf 2“ und ihr zeitnah erschienenes Buch „Heimat-Lust. Meine schwäbische Liebeserklärung“.
Promotion also, alles klar.
Alles wie immer.
Doch halt! Aufgemerkt: Heimat ist auch Selbstverantwortung … Heimat heißt für mich auch, bei sich angekommen zu sein. Das heißt, ich weiß, was ich tue und was nicht …Ich bin ja noch nur Halb-Politikerin, kurz vor dem Volleinstieg (lacht).
Diese Äußerung blieb seinerzeit (im Juli 2015) weitgehend unbeachtet. Wurde zumindest nicht medial breit getreten. Das PR-Management der Schauspielerin hielt die Füße still. Es war noch zu früh. Denn erst im November sollte eine neue TV Spielfilm Reihe mit der für „die sanfte Zurückgenommenheit ihres Auftretens“ („Madame“) gerühmte Schwäbin in der ARD gestartet werden: Die Figur orientiert sich an der Biografie einer real existierenden Diplomatin. Sie ist eine Troubleshooterin, die leidenschaftlich brennt und um ihre Vorstellung von einer besseren Welt kämpft. Sie ist nicht wirklich kalkulierbar. Sie wählt nicht den einfachen Weg, sondern den ehrlichen, den richtigen.
Kurzum: Natalia Wörner ist „Die Diplomatin“. Für Deutschland, an vorderster Front.
Und so geschah es, dass sie am Abend vor der Ausstrahlung in der „NDR Talkshow“ saß und gleich zu Beginn – für alle, die es nicht wussten oder wissen konnten – daran erinnerte, dass sie die Lee Strasberg Schauspielschule in New York besucht und einen guten Abschluss gemacht habe, um dann zu berichten, dass sie die ihr auf den Leib geschriebene Rolle in der Begleitung des Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf einer Dienstreise nach Südkorea (dokumentiert von einem TV-Team und der Bildzeitung) habe überprüfen und vertiefen können, „an Bord der Konrad Adenauer, die Maschine, die Merkel benutzen darf …“, warf der Moderator Meyer-Burckhardt ein, „ …Gauck und er (der Frank)“, ergänzte die Wörner, womit klar sein sollte, in welcher Liga sie fortan spielt.
Natalia Wörner – eine Staatsschauspielerin!
… ich habe mein Tempo, ich hab meinen Stil,
verlang von der Welt, von mir selber sehr viel …
Ich bin eine Frau, die weiß was sie will,….(Daliah Lavi, 1975)
Promotion-mäßig war der Auftritt dennoch für den Arsch. Die Auftaktfolge „Entführung in Manila“ wurde aufgrund der Pariser Terroranschläge vom 13. November (2015) verschoben: Ich flog noch am gleichen Wochenende von Berlin zu Dreharbeiten des zweiten Teils, der in Tunis spielt und in dem es um einen terroristischen Angriff auf die deutsche Botschaft geht … Unsere Aufgabe als Filmschaffende ist es, Ereignisse und Eindrücke unserer Welt darzustellen. Künstlerisch darf man da Grenzen berühren. Ganz nach dem Motto „Jetzt erst recht“.
Diese Folge war nun als erste am Samstag, dem 30. April, zu sehen – Vorabend zum 1. Mai, „Tanz in dem Mai“, auch oder gerade bei schlechtem Wetter ein munterer Saufabend, jedenfalls kein idealer Sendeplatz für das „Politdrama“.
Terror in Tunis. Geiselnahme in der deutschen Botschaft. Viel Gezappel und Geschrei. Auf politischer Ebene schmutzige Intrigen, wie man das nicht anders erwarten darf, wenn Fernsehmacher zuviel Fernsehen gesehen haben. Und mittendrin im Tumult um die Freipressung von Gesinnungsgenossen die Ex-Botschafterin Karla Lorenz, Frau Wörner himself, in all ihrer Kraft und Ehrlichkeit und Äußerungen zu Menschsein und Welt, die banaler nicht hätten sein können.
Da kam weder Interesse an der Person noch Freude auf.
In der Hoffnung dennoch eine einigermaßen akzeptable Einschaltquote (sie war dann niedriger als bei „Lotto am Samstag“) verzeichnen zu können, legte die Bundesverdienstkreuzträgerin im Vorfeld noch eine Schippe drauf und zog ihre vorerst letzte, die heißeste Karte.
Sie bestätigte 9 Tage vor der Ausstrahlung den Blättern „Gala“ und der „Bunten“ ihre enge Beziehung (und innige Liebe?) zum Bundesminister Heiko Maas (Justiz und Verbraucherschutz), einem in seinem heimischen Saarland absoluten Polit-Loser, der in der Boulevardpresse nun über Nacht zu einem der „mächtigsten Politiker Deutschlands“ stilisiert wurde, während sie erklärte: Es gab verschiedene Ereignisse in den letzten Jahre in meinem Leben, die genau zu dem Ergebnis heute geführt haben … bei mir geht es immer um Kraft, Neugierde, Ehrlichkeit.
Ach was!
Frank Göhre
Hier geht’s zur Homepage des Autors.