Geschrieben am 21. April 2012 von für Crimemag, Krimigedicht

Krimigedicht: Gottfried Benn: Schöne Jugend

Schöne Jugend

von Gottfried Benn

Der Mund eines Mädchens
sah so angeknabbert aus.
Als man die Brust aufbrach,
war die Speiseröhre so löcherig.
Schließlich in einer Laube unter dem Zwerchfell
fand man ein Nest von jungen Ratten.
Ein kleines Schwesterchen lag tot.
Die andern lebten von Leber und Niere,
tranken das kalte Blut und hatten
hier eine schöne Jugend verlebt.
Und schön und schnell kam auch ihr Tod:
Man warf sie allesamt ins Wasser.
Ach, wie die kleinen Schnauzen quietschten!

(1912)

Abbildung: Gottfried Benn ca. 1951; Zeichnung von Tobias Falberg

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