
Der mexikanische Faktor
Über Rainer Bollers Filmbuch „In einer Bar in Mexiko“
In einer Bar in Mexiko, da finden sich alle irgendwann wieder, die verkrachten Existenzen, Abenteurer und Gesetzlosen, die den Vereinigten Staaten den Rücken gekehrt haben, um südlich des Rio Grande unterzutauchen oder ihr Glück zu versuchen. Der „mexikanische (Bar-) Faktor“ ist denn auch der Bezugspunkt, um den herum Reiner Boller in seinem neuen Filmbuch seine spannenden Geschichten über in Mexiko gedrehte Hollywood-Filme rankt. Und dass solche Geschichten sehr ergiebig sein können, wissen wir spätestens seit Sam Peckinpahs umstrittenen Kavallerie-Western „Major Dundee/Sierra Charriba“, der schon für Schlagzeilen sorgte, bevor er überhaupt in die Kinos kam.

Auf diesen Film kommt Boller auch ausführlich zu sprechen, wobei er auf einen Teil des Briefverkehrs zwischen dem Agenten Paul Kohner und Mario Adorf zurückgreifen konnte, aus dem interessanterweise hervorgeht, dass Adorf voll des Lobs für Peckinpah und die Atmosphäre am Set war. Eine Handvoll zeitgenössischer Kritiken rundet den Beitrag ab; in einer davon wird Peckinpah übrigens ein „ebenso lachhafter wie aufschlussreicher“ Regiefehler vorgehalten, weil er beim finalen Gefecht die französischen Lanzenreiter auf der falschen, sprich: amerikanischen Seite des Rio Grande postiert habe. Schade nur, dass Boller auf andere in Mexiko gedrehte Peckinpah-Filme wie „The Wild Bunch“ oder „Bring Me the Head of Alfredo Garcia“ nicht eingeht. Den Wert des Buches mindert dies jedoch in keiner Weise, zumal es zu den genannten Filmen als auch zu „Pat Garrett and Billy the Kid“ ja bereits ganze Bücher gibt.

Ein Film, der allerdings nicht fehlen durfte, ist natürlich John Sturges‘ Meisterwerk „Die glorreichen Sieben“, mit dem Boller den Band auch eröffnet. Da erfährt man beiläufig, dass die Idee, aus Akira Kurosawas Klassiker „Die sieben Samurai“ einen Western zu machen, ursprünglich von Anthony Quinn stammte und das Projekt zunächst bei Yul Brunner landete, der auch die Regie übernehmen wollte. Sehr interessant auch die geschilderten Probleme mit der mexikanischen Zensur, die dazu führten, dass zum Beispiel die Kleider der mexikanischen Bauern den ganzen Film über blütenweiß bleiben mussten, damit ein Anschein von Armut gar nicht erst aufkam.

Ähnlich strukturiert geht es weiter: Auf den meist kurz gefassten Filminhalt folgen der „mexikanische (Bar-)Faktor“ und die Geschichte zum Film, eine Auswahl der Kritiken schließt das Kapitel ab. Den meisten Platz nehmen dabei Robert Mitchum ein, der mit gleich sechs Filmen vertreten ist, und Humphrey Bogart respektive dessen Rolle in „Der Schatz der Sierra Madre“. Da begibt sich Boller, der mit einer Mexikanerin verheiratet ist und das Land seit 1993 regelmäßig bereist, auf Spurensuche nach den Schauplätzen, der ein Exkurs über B. Traven folgt.

Weitere Filmstars, die noch auftreten, sind zum Beispiel Gary Cooper, Orson Welles, Richard Widmark, Jane Greer und Salma Hayek, ergänzt werden diese Porträts von Beiträgen über den Film Noir und James Bond in Mexiko. Diese mit vielen, leider ziemlich klein geratenen S/W-Fotos angereicherten Dreh- und Rechercheberichte verleihen dem Buch eine ganz spezielle Note und machen es fast zu einem alternativen Reiseführer für abenteuerlustige (Film)Touristen. Ein Literaturverzeichnis schließt den Band ab.
Wolfgang Schweiger
- Reiner Boller: In einer Bar in Mexiko – Auf einen Drink mit Mitchum, Bogart, Wayne, Welles, Adorf und vielen anderen. Mühlbeyer Filmbuchverlag, Frankenthal 2019. 280 Seiten mit zahlreichen Abb., 19,90 Euro.
Wolfgang Schweiger (den wir vom „Fahnder“, der „SOKO 5113“ und von vielen Kriminalromanen kennen) ist derzeit hauptsächlich als Kulturjournalist im südostbayerischen Raum/Salzburg unterwegs und hat nach längerer Pause auch wieder einen Kriminalroman geschrieben, wobei Verlag und Erscheinungsdatum allerdings noch völlig offen sind. – Seine Website hier.
