
Maskenball
Wanderungen in Zeiten der Pandemie
Als im März 2020 der Corona-bedingte Lockdown kam, versuchte ich die veränderte Situation fotografisch zu erfassen. Ich ging spazieren und fotografierte die leeren Straßen, die geschlossenen Geschäfte, Restaurants und Bars. Dies erschien mir nach einiger Zeit zu wenig bezeichnend, da ich ähnliche Fotos auch an normalen, ruhigen Sonntagen hätte machen können.
Dann traf ich auf die erste Maske. Sie lag, fast schon dekorativ arrangiert, auf dem Gehweg. Ich fotografierte sie im quadratischen Format, und schnell kamen weitere dazu, bis ich schließlich bei allen täglichen Rundgängen alle Masken fotografierte, die ich finden konnte. Die Schutzmasken, die ich vorher nur in den Gesichtern ihrer Träger sah, erschienen mir seltsam verloren, so als hätten die Menschen ihre Gesichter abgelegt – im übertragenen Sinne, aber nicht nur: Schließlich ließe sich theoretisch in jeder Maske die DNA seines Trägers nachweisen.
Gesichtsmaskierungen sind in unseren Regionen ein eher ungewöhnliches Bild und meist im politischen Kontext zu finden (Demonstrationen wie 1. Mai etc.). In der Corona-Zeit stehen sie für etwas anderes. Würden die Masken nicht getragen werden, bemerkte man die Virus-bedingte Veränderung der Gesellschaft im öffentlichen Raum kaum. Für mich sind sie die Visualisierung des unsichtbaren Virus.
In der Nachbearbeitung arrangierte ich die Einzelbilder zu Gruppen, die für mich einen optischen, inhaltlichen und harmonischen Sinn ergeben.
Die Fotografien selbst sind weder bearbeitet noch manipuliert – es wurde auch keine Maske für die Aufnahme bewegt.

Den Stand der Arbeit zu diesem Zeitpunkt würde ich als „Erste Welle“ bezeichnen.
Das Projekt ist LEIDER noch nicht abgeschlossen.
Assoziation/Inspiration:
Edgar Allan Poe: „Die Maske des Roten Todes“
Bob Dylan: „Masked And Anonymous“.
(Als Serie veröffentlicht im Magazin „European Photography“, Ausgabe 107/108.)



„Die Kreuze vom Gschnaidt“ – Allgäu, 2020
Meine einzige Reise ging ins Allgäu, wo ich den zweiten Teil eines Langzeitprojekts in Winterstetten fotografierte. Unweit von Winterstetten liegt der kleine Wallfahrtsort Gschnaidt, an dem seit vielen Jahren die nicht mehr benötigten, hölzernen Sterbekreuze quasi abgeworfen werden. Ein irgendwie unheimlicher Ort. Einige Besucher berichten von Beklemmungen und Angstzuständen im „Garten“ dieser Kreuze. Zu dieser Serie wünsche ich mir noch einen Text, der die Geschichte des Ortes beschreibt.Eine kleine Auswahl der Fotografien, s.u.





Augustinum – Kleinmachnow
In der Parkanlage einer Seniorenresidenz für Demenzkranke habe ich eine Reihe von Stillleben fotografiert. Diese werden großformatig in den Räumen der Residenz gezeigt und sollen Patienten ermöglichen, Situationen und Orte aus dem Park wiederzuerkennen.
Eine kleine Auswahl:




Dann gab es auch noch jede Menge Film, was sollte man auch sonst machen …
Die Highlights:
– Joker – Todd Phillips – 2019
– You Were Never Really Here – Lynne Ramsay – 2017
– I’m Thinking Of Ending Things – Charlie Kaufman – 2020
– Prisoners – Denis Villeneuve – 2013
– Mank – David Fincher – 2020 (danke an Sonja Hartl für die schöne Rezension)
– Irishman – Martin Scorsese – 2019
– Hell Or High Water -David Mackenzie – 2016
– A Simple Plan – Sam Raimi – 1996
– Le Secret – Robert Enrico – 1974 (das könnte Christian Petzold gesehen haben, bevor er „Die innere Sicherheit“ gedreht hat)
Musik:
– Bob Dylan – Rough And Rowdy Ways – 2020 (meine Platte des Jahres)

– Swans – Leaving Meaning – 2020
– Krazy – Seifenblasenmaschine – 2020 (mit Danny Dziuk und danke an Thomas Wörtche für die schöne Rezension)
– Insect Ark – The Vanishing – 2020
– Tom Waits – Blue Valentine – 2018 remastered
– Frank Zappa – The Best Band You Never Heard In Your Life – 1991
– Frank Zappa – Make A Jazz Noise Here – 1991
– Frank Zappa – Does Humor Belong In Music – 1995
Frank Zappa wäre am 21. Dezember 80 Jahre alt geworden.
Wahrscheinlich habe ich die Hälfte vergessen, aber es geht ja auch nicht um Vollständigkeit .
Ich wünsche allen ein entspanntes Restjahr und einen guten Start ins neue Jahr.
Carsten Klindt wuchs an der Nordsee auf und ist ausgebildeter Werbefotograf. Er wohnt seit über 20 Jahren in Berlin, betrieb elf Jahre lang eine Bar in Kreuzberg und arbeitet als freischaffender Fotograf. Der Werbung hat er schon lange den Rücken gekehrt. Neben Fotografie sind Noirs der Filmgeschichte eine Leidenschaft.
28 Mal hieß es bei uns schon mit ihm und der Polizistin Nadja Burckhardt „Fotografie & Reallife: Street Scenes – Street Crimes“.